Sonntag, 19. April 2009

Eine Theologin hat mir folgenden Kommentar zu meinem letzten Beitrag "geschenkt"

Servus Gerhard,


das Thema, das du anschneidest ist wichtig. Ich glaube allerdings [...], dass das Grundproblem tatsächlich bei John Locke´s Arbeitstheorie liegt, die leider immer noch nicht von der Kirche abserviert wurde (statt dessen hat man sich am Kommunismus die Klauen geschärft, was sicherlich auch viele problematische Ingredienzien hat, aber nicht das Wurzelproblem ist): die Theorie, dass diejenigen, die mehr für die Gesellschaft produzieren, mehr Rechte haben, wertvoller sind. Die Crux dabei ist, dass die Gesellschaft die Werte normt.


Du siehst das ganz richtig, dass ein planloses Veränderungswüten im Gange ist. M. M. n. geht es immer noch um eine Vermehrung des Eigentums und Schützen des Eigentums. Hume & Co.

Die Wirtschaft ist das goldene Kalb unserer Zeit und damit kann alles erpresst werden.


Um auf Locke zurückzukommen: wer nicht angepasst ist, nichts zu bieten hat, was von der Gesellschaft als Wert ankerkannt wird, fällt durch den Rost. Muss sich den Busen vergrößern, das Gesicht liften, das Fett absaugen lassen, sich ein entsprechendes Auto irgendwie ergattern,... Es wird nicht darauf geschaut, was die Kinder können, welche Talente sie haben, sondern es wird danach getrachtet, dass sie die Norm erreichen. Dabei werden nicht nur anderwertig Begabte geknechtet, sondern auch Hochbegabte vernichtet. Locke hat es mit seiner Arbeitstheorie geschafft, die ganze Menschheit zu versklaven.


Der nächste Punkt ist, dass alles durch die Mangel der Statistiken gedreht wird, die einfach kein lebendiges Leben erfassen können.


Und was die Kirche betrifft: die hat sich in der Nihilierung und Abservierung der Befreiungstheologie selbst Saft und Kraft abgeschnitten, um den Ungeheuerlichkeiten zu wehren. Man kann nur hoffen, dass sich die Befreiungstheologie nochmals von den Unterdrückungen befreien kann.

Und: die Chose mit dem Subjekt Kirche fällt uns als Hindernis entgegen, denn das, was die Menschen wirklich brauchen, und wo ich auch zutiefst davon überzeugt bin, dass es Gottes Wille und Ja ist, ist, dass jeder Mensch als Gedanke Gottes lebt und sich entfalten soll. Dass jeder Mensch inkraniertes Wort Gottes leben soll.


Du hast bei mir ein ziemlich präsentes Thema damit angesprochen, weil ich mich oft fürchterlich drüber ärgere, was diejenigen, die gehört werden, verzapfen und dabei spürbar keinen blassen Schimmer haben, wie es den Menschen wirklich geht, sonst könnten sie nicht so schöngeistig vor sich hin brabbeln.


Und, ja du hast vollkommen recht: es wird von den Menschen von allen Seiten nur gefordert, gefordert, gefordert. Und die Ärzte versprechen ewiges Leben, wenn man alle ihre Untersuchungen mitmacht. Sloterdijk hat unlängst in einem Interview gesagt, das was der Kirche, ja dem Glauben an Gott, am meisten zugesetzt hat, ist die Sozialversicherung, der Sozialstaat. Wer schon versichert ist, braucht nicht mehr auf Gott hoffen.

Und genau dieses versprochene Schlaraffenland wird den Menschen nun vor ihren Augen wieder weggezogen.

Abgesehen davon, dass der Wohlstand zu keinem Frieden, keiner Zufriedenheit geführt hat, weil eine Leere geblieben ist, die mit Unsinnigkeiten und immer mehr gefüllt wird.


Was auf Seite der Menschen gefördert werden könnte - Dankbarkeit. Ich bring das meinen Eltern ab und zu bei: wenn sie meckern, dass der Kühlschrank im Eimer ist, zu sagen: kannst du nicht einfach dankbar sein dafür, dass du keine finanziellen Probleme hast, dir einen neuen zu kaufen? Ist das nicht Grund genug, dankbar zu sein?


Das ist mein Weg, die Menschen darauf aufmerksam zu machen, wie gut es ihnen geht. Von einem Patienten von mir die Mama (er war schon über 80 als ich ihn kennenlernte) hat zu ihren Kindern immer gesagt: man darf nicht nur nach oben schauen, sondern muss auch ab und zu nach unten schauen, sonst bekommt man ein steifes Genick. Sie war (ich konnte sie leider nicht mehr persönlich kennen lernen) eine sehr, sehr weise palästinensische Christin.

Wir haben scheint´s verlernt zu danken. Vielleicht auch deswegen, weil wir uns dem Staat gegenüber immer in Rechten wissen und auch den Arbeitgebern.


Worauf der Strukturwandel hinauswill, kann ich dir sagen: ein straffes Wirtschaftssystem, wo alle planmäßig funtkionieren nach rationellen Maßstäben, damit Europa und Amerika die technologische und wirtschaftliche Oberhand nicht verlieren. Das ist Faktum.


Tröstlich war das jetzt ja nicht gerade - aber dein Blogbeitrag, den find ich wichtig und du sprichst ein brandheisses Thema an.

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