Und die Frau Ministerin empfängt, diskutiert, gibt nach, glättet - nur eines fehlt mir: Leadership - die Ministerin ist in die Situation geraten, nur noch reagieren zu können, anstatt zu agieren. Ich denke, dass der Grundfehler darin liegt, zu einer Art Erfüllungsgehilfin diverser Parteibildungsfunktionäre und akademischer Hochschulpädagogen geworden zu sein. - Schade darum, weil ursprünglich hätte ich mir gerade von einer Person, die nicht aus der ersten Parteilinie bzw. aus dem Schulbetrieb (sprich Personalvertretung/Gewerkschaft/also wieder Parteibildungsfunktionär) herauskommt, mehr erwartet.
Es ist einfach zu wenig, sich auf eine Hand voll Bildungsfunktionäre und Hochschulprofessoren der akademischen Pädagogik zu verlassen, wenn es um Bildungsreform geht. Erstens, dass beide Berufsgruppen nicht wirklich an der Front stehen, und zweitens - unterstelle ich mal vorsichtig - nicht unbedingt kamerascheu sind. Und Fernsehkameras wollen nun mal eines: kurze, eingängige Schlagworte, die sich die Leute schnell merken können. Leider taugt dazu das doch einigermaßen hochkomplexe Schulwesen in Österreich gar nicht.
Da gibt es einmal die Pflichtschulen: Der Bund zahlt die Lehrer, das Land stellt sie an und die Gemeinden bauen und erhalten die Schulen.
Dann kommen die Berufsschulen: Wer die Lehrer zahlt, weiß ich nicht - nur eines glaube ich zu wissen: da reden Wirtschafts- und Arbeiterkammer ein gehöriges Wörtchen mit.
Und dann gibt es noch die Bundesschulen: Gymnasien und berufskundliche Schulen aller Arten: von der Landwirtschaft, über Tourismus, Wirtschaft und Handel, alle Arten von Technik bis zu den Einzelexemplaren wie: Büchsenmacher, Uhrmacher, Flugmaschinenbau ... gerade letztere Schulen haben mehr oder weniger eng mit ihnen verbundene Schülerheime bzw. werden von Schüler/innen besucht, die manchmal über das ganze Bundesgebiet verstreut leben.
Und nicht zu vergessen die Privatschulen: Der Bund zahlt die Gehälter der Lehrer, der Schulerhalter stellt ein und erhält die Schule.
Auch hat Österreich eine Geographie - sprich es gibt regionale und sozial-historische Gegebenheiten in diesem Land, die nicht einfach zu ignorieren sind: Streusiedellagen auf der einen Seite, Großstädte auf der anderen, traditionellere Lebensstrukturen auf einen, moderne Patchworkfamilien auf der anderen Seite, auf der einen Seite, Kinder deutscher Muttersprache die nicht mehr ordentlich reden können (weil die Eltern dauernd vor dem Fernseher oder Computer hocken) und Kinder von Emigranten mit ähnlichen Problemen ...
Wie auch immer: Anforderungen an eine Bildungs- und Schulreform lassen sich nicht einfach in ein paar radio- und fernsehtaugliche Schlagworte gießen; was für die einen gilt, ist für die anderen schon wieder der blanke Unsinn (und auch umgekehrt) - was mich wieder dort hinbringt, wo ich schon mehrmals vorher war - Bildungsreform hat lokal zu geschehen - im Dialog mit wirklichen Fachleuten und vorerst einmal ohne Vorgabe großer Limits.
Hier wäre die große Stunde für Sie Fr. Ministerin Schmid:
Wirklich Ideen und Visionen vorzulegen und einen grundlegenden Prozess kontinuierlicher Reform und Adaption einzuleiten - nicht in ministeriellen Vorgaben - sondern im Ermutigen, in der Debatte (vor Ort und ohne Kameras), in Leadership (Obama??? macht nix anderes - für die Peanuts gibt's das Kabinett) - sie gehören an die Front - ZUHÖREN (und nicht gleich Schlagworte und scheinbare Antworten bereit haben) - und die Front ist nicht ein Verhandlungssaal im Unterrichtsministerium, sondern sind die Konferenzzimmer und Klassen - gehen sie einfach hinein - möglichst kurzfristig angemeldet, überraschen sie die Kollegen und vor allem HÖREN SIE ZU!!! Das wäre schon die halbe Miete ... - und ich wage es kaum zu sagen - Lehrergewerkschaft wäre für Sie dann wahrscheinlich nicht mehr wirklich ein Problem
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