Montag, 10. August 2009

Wieder ein "Genetivjahr"

Wissen Sie, was ein "Genetivjahr" ist? Es gibt auch Genetivtage - zu Hauf; von "Genetivmonaten" sind meines Wissens noch nicht aufgetaucht. Aber "Genetivjahre". Nun was sind Genetivjahre?
Das sind Jahre, die dadurch gekennzeichnet sind, dass sie von irgendwelchen Institutionen zum "Jahre des/der XY" proklamiert werden.
In meiner Wahrnehmung ist das heuer zweimal der Fall.
Die Röm. Katholische Kirche - namentlich der Papst (oder die Kurie) rief das "Jahr der Priester" aus, und die Universitäten und Wissengesellschaft feiert das "Jahr der Astronomie". Und in beiden Fällen gibt es Kongresse, Tagungen, Schwerpunkte, Programme, jede Menge gute Worte - aber letztliche bringen? Ich glaub nix.
So sehr ich die Astronomie und Astrophysik als Steckenpferd habe möchte ich aber in diesem Beitrag so meine Gedanken zum "Jahr der Priester" anbringen.

Ich nehme diese "Jahr der Priester" einmal als ein "Jahr der frommen Betulickeiten kirchenamtlich-klerikaler High-Orgs" wahr. Predigten, Presseaussendungen, schöne Worte - und ja, der immer wiederholte Bezug auf den Heiligen Pfarrer von Ars lassen in mir eher den Verdacht hochkommen, hier ein Priesterbild zu propagieren, dessen Ziel es sein dürfte, ein paar regelkonforme in aller Demut alle strukturellen Unsäglichkeiten erduldende Kleriker zu produzieren. Der Pfarrer von Ars war sicher ein heiligmäßiger Mann, aber in aller Ehren - ich möchte sicherlich nicht zu so einer Gestalt werden. Da bleibe ich schon lieber der bunte Vogel, der ich bin und werde dafür sicher nicht heiliggesprochen. Und ich glaube auch, dass der Pfarrer von Ars sicherlich heute nicht den Anforderungen gegenwärtiger Seelsorge gewachsen wäre. Aber ich gebe zu, dass im letzten Gedankengang etwas viel Konjunktiv war (wie immer, wenn man historische Persönlichkeiten über Gebühr für heutige Zwecke gebraucht).

Ich hätte schon einen Vorschlag für ein "Jahr der Priester":
Wie wäre es, einen Prozess der Strukturwandlung in Gang zu setzen - die Priester einmal wirklich - OHNE Scheuklappen und Tabus ernsthaft zu befragen, was sie vielleicht ändern würden. Und nicht nur die Priester sondern auch die Kirchengemeinden. Wenn die Rede vom Geist Gottes in der Kirche ernstgemeint und nicht nur leeres Sonntagsgerede ist, dann wirkt der Heilige Geist in seiner gesamten Kirche und nicht nur dort, wo es die kirchlichen Hierarchen einmal absichtsvoll hineininterpretieren (NGG  - Neue Geistliche Gemeinschaften heißt das so schön).

Ich hätte jedenfalls ein paar toughe Fragen ... aber die stelle ich in den nächsten Tagen .....

3 Kommentare:

Pro Spe Salutis hat gesagt…

Ich weiß, daß das jetzt ganz fürchterlich arrogant klingt, aber trotzdem: Als Organist, der auch immer wieder viele Vertretungsdienste versieht, komme ich in verschiedenste Pfarrgemeinden und habe es allzuoft mit Klerikern (und Gemeindemitgleidern) zu tun, die ich besser nicht fragen will, wie sie sich eine Strukturreform des priesterlichen Dienstes vorstellen würden. Wahrscheinlich käme da, leicht überspitzt gesagt, die übliche Mixtur aus "Zölibat abschaffen", "Frauen weihen" und "gemeinsam Abendmahl halten" raus. Viele Priester, längst vom Alltag aufgefressen, scheinen mir in Sachen Selbstverständnis desorientiert, irgendwo zwischen Vorstellungen eines Gemeindeanimateurs und Spiritualitätsmanagers eingefahren.

Zum hl. Johannes Vianney: Es geht ja nicht drum, ab sofort schimmlige Kartoffeln zu essen, weil's halt heilig machen könnte. Es geht darum, an diesem "Vorbild" zu lernen, mit wieviel Hingabe sich ein Priester in die Herausforderungen seiner Berufung gestürzt hat. Und es geht darum, zu zeigen, aus welchen identitätsstiftenden Quellen die Kraft rührte, die Aufgaben anzupacken. Natürlich muß man viel historisch Bedingtes in Wort und Tat dieses Heiligen in unsere Zeit angemessen übersetzen.

gerhardgruber hat gesagt…

Dear Vox Coelestis!

Na ja, zum ersten Absatz: ich weiß schon, dass manchmal sehr flach argumentiert wird, aber andererseits oft im Diskurs nur das am anderen gehört wird, was dem eigenen (Vor)urteil entspricht - zumindest ist das mal eine gewaltige Falle (in der die meisten Diskutanten hineinlaufen - von allen Seiten übrigens)

Zum Hervorkramen von Vianney: Ich werde irgendwie den Verdacht nicht los, dass hier; wohl in wunderschönen Worten, die Botschaft an den Klerus vermittelt werden soll, die man auf gut wienerisch als: "Hände falten, Goschen halten" ausdrücken könnte - aber wie gesagt - so irgendwie habe ich halt den Verdacht; möglicherweise unterliege ich aber auch der oben angeführten Wahrnehmungsverengung ...

Pro Spe Salutis hat gesagt…

Mag sein, daß wir immer wieder unsre "kurze Sicht" nicht nur vor Gott bringen, sondern auch den anderen gegenüber hegen und vor allem das sehen (wollen), was die eigenen Vermutungen bestätigt. Andererseits kann ich mich nicht erinnern, in letzter Zeit bei irgendeinem Gespräch oder einer Diskussion von der Basis her dem Argument begegnet zu sein, daß eine Krise des priesterlichen Selbstverständnissen auch einer "spirituellen" Medizin bedürfen könnte. Das macht mich halt stutzig. Die Frage nach der Gottesbeziehung wird meines Ermessens zu wenig gestellt, wenn es um Krisenbewältigung im priesterlichen Dienst geht. Vieles aber dreht sich um Organisatorisches, um "gelegieren können", "managen" etc. Gerade hier kann der Pfarrer von Ars vielleicht hilfreich sein - im Versuch, sich intensiv auf Gott hin zu orientieren. Wobei klar ist, daß jeder hier seinen eigenen Weg finden muß.

Auch denke ich nicht, daß Benedikt XVI. mit seinem Priesterjahrspatron dem Klerus irgendein frömmelndes Saumzeug umwerfen will. Vielleicht geht es eher darum, an einer "radikalen" Gestalt die Herausforderung der priesterlichen Berufung neu zu denken.