Freitag, 8. Jänner 2010

Der Leserbriefschreiber ...

... ich vermeide mal die übliche gendergerechte Formulierung "die Lesebriefschreiber/innen", da ich mal unterstelle, dass jede Menge Meinung und Null Ahnung zu haben eher ein männliches Phänomen ist. Was meine ich?

Ich lade sie mal ein, die Online Ausgaben diverser Tagezeitungen bzw. auch das selbige Nachrichtenportal des ORF anzusehen; zugegeben, man kann schon mal über das eine oder andere Thema geteilter Auffassung sein, was aber da an Leserreaktionen veröffentlicht ist und wird, lässt mir schlicht die Haare zu Berge stehen. Was sich da an Hass, Inkompetenz, Dummheit, Menschenverachtung und anderen ungustiösen Geisteshaltungen ansammelt, hat das Potential, einem rechtschaffenen Bürger dieses Landes Angst einzujagen - Angst davor, dass jene, die schon einmal fähig waren, quasi industriell Menschen zu ermorden, wieder an die Oberfläche unserer Gesellschaft gespült werden (jetzt dämmert mir, welche Idee hinter dem Wort "Abschaum" stehen könnte).

Die Frage ist nur: Was kann ich dagegen tun? Ich denke, dass der Weg nur dahin gehen kann, dass Menschen wirklich lernen, Selbstverantwortung zu übernehmen, weil an der mangelt es in hohem Maße. Ja, ich bin wirklich der Überzeugung, dass es an der Tugend der Selbstverantwortung mangelt. Ich jedenfalls habe diese von meinen Eltern gelernt. Aber oft läuft es anders:

Wenn es mit dem Söhnchen oder Töchterchen in der Schule nicht so läuft - wer ist schuld? Die Lehrer (oder das System oder ...); wenn jemand seinen Führerschein verliert - wer ist schuld? Klar - natürlich: die Polizisten; wenn jemand von der Straße abkommt - wer ist schuld? Die Straßenmeisterei (oder jene, die diese Kurve geplant haben, im besten Falle noch das Wetter...) usw. usf. Aber in den seltensten Fällen hört man, dass die von einer Misslichkeit betroffenen feststellen, dass sie selber an ihrer Lage schuld sind und diese ändern wollen (oder von mir aus auch nicht).

Ich kann mich noch erinnern, wie ich mit 12/13 Jahren meinen ersten Fleck nach Hause gebracht habe. Ich habe gleich versucht, meinen Eltern zu erklären, wer nicht aller noch einen Fleck hätte und dass die Schularbeit so schwer war und und und. Kurz und gut: lakonischer Kommentar meiner Altvorderen: "Interessiert uns nicht - DU hast zu wenig gelernt" - Ja, und so ging es dauernd dahin: Immer wenn ich mich aus meiner Selbstverantwortung stehlen wollte oder auch nur diese relativieren, wurde ich auf diese Selbstverantwortung zurückgeworfen. Hab's damals nicht gleich verstanden, aber irgendwie habe ich gelernt, es so zu halten.

Und so schaue ich heute nicht nach links oder nach rechts - suche keine Schuld bei anderen und habe gelernt, für das geradezustehen, was mich betrifft und gegebenfalls Verantwortung auch für andere zu übernehmen, wo es notwendig ist - mit allen Konsequenzen. - Aber wie gesagt: das war und ist vor allem jetzt nicht wirklich modern ....