Dienstag, 28. April 2009

Ich weiß nicht, ob das wer verfolgt hat ...

... aber am vergangenen Sonntag gab es in der Stadt Berlin ein Volksbegehren zur Wiedereinführung des obligaten konfessionellen Religionsunterrichtes als zusätzliches Alternativangebot zum verpflichtenden Ethikunterricht. Dazu einmal die Ausgangslage (soweit ich sie verstanden habe und vor allem in Kürze)
Die Rot - Rote Koalition in der Stadtregierung Berlins hat vor 3 Jahren einen allgemein verpflichtenden Ethikunterricht anstatt des konfessionellen Religionsunterrichtes eingeführt - der konfessionelle Religionsunterricht bleibt als zusätzlich wählbares Freifach als Angebot an den Schulen.
Nun haben die anerkannten Religionsgemeinschaften in Berlin ein Volksbegehren zur Wiedereinführung des obligaten Religionsunterrichtes als Alternative zum verpflichtenden Ethikunterricht initiiert. Zur Verdeutlichung: es geht darum, dass für Schüler mit entsprechendem Bekenntnis der Religionsunterricht regulär während der normalen Unterrichtszeit angeboten wird unbeschadet des Rechtes, sich von diesem abmelden zu können, um am Ethikunterricht teilzunehmen.
Jedenfalls ist dieses Volksbegehren gescheitert - einerseits am Quorum an sich (zu wenige Teilnehmer) und auch innerhalb des Quorums wurden die Initianden knapp, aber doch, geschlagen.
Das aber nur einmal sozusagen als Aufhänger. Was mich viel mehr interessiert ist die grundlegende Frage:
Ist es möglich, eine Ethik zu unterrichten, ohne auf weltanschauliche Wurzeln zurückgreifen zu können? - Das ist ja die Idee dieses scheinaufklärerischen Gedankens: Dass ethisches Handeln sozusagen "wertneutral" vermittelt werden kann - sozusagen als eine Metareligion - eine Überreligion.
Ich möchte jetzt hier sicher nicht versuchen, eine Art allgemein gültige Grundlegung der Ethik niederzuschreiben, aber ein paar Eckpfeiler möchte ich einfach zur Diskussion stellen.

A) Auf welchen Grundlagen kann eine weltanschaulich neutrale Ethik aufbauen?
Na, da könnte man mal mit dem kategorischen Imperativ Kants beginnen: Handle immer so, dass die Maxime deines Handelns Grundlage allgemein menschlicher Gesetzgebung sein kann (oder so ähnlich). Das hört sich mal gut (und vor allem recht gescheit an) - könnte man aber auch formulieren: Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg´ auch keinem ander´n zu! - Kommt einmal auf das selbe raus und findet sich in allen möglichen Varianten (auch in der Hl. Schrift) eigentlich in fast jedem Kulturkreis. Aber der Hasenfuß liegt wie so oft im Detail: Was ist nämlich menschlich? Und schon der Begriff Menschlichkeit erfährt in anderen Kulturen schon eine andere Auslegung. Der Hasenfuß ist, dass sich hier der Mensch in seiner zeitlichen und geschichtlichen Gewordenheit selbst zum Maßstab macht. Damit kann man in den meisten Fällen ganz gut leben, aber gerade in unseren Tagen, erfährt die Definition des Menschen massive Anfragen: Genmanipulation, Abtreibung, Euthanasie - das sind alles Begriffe, die uns eigentlich wachrütteln müssten. Hier beginnt schleichend die Manipulation des Begriffes menschlich (im Sinne, wie er im kategorischen Imperativ gebraucht wird).
Auch wird in eben diesem Zuge des selbst bestimmten Menschen, die Würde des Menschen zum Objekt des Selbstbestimmten - und wer kann im Zuge der möglicherweise demokratisch legitimierten Selbstbestimmung verhindern, dass die Selbstbestimmer bestimmen, wer nun würdig ist, selbst zu bestimmen? Ich weiß schon - ich sollte lieber Englisch üben, als mein Deutsch an die Grenzen des gerade noch Aussagbaren zu führen. Eines wird aber deutlich: eine Ethik, die sich krampfhaft aus sich selbst heraus zu bestimmen sucht, ohne sich bewusst zu sein, dass es ihr letztlich an jener Begründung fehlt, die sich außerhalb ihrer selbst findet, läuft selbst Gefahr jener Versuchung zum Totalitarismus zu erliegen, gegen den sie eigentlich anzutreten sucht.

B) konfessioneller Religionsunterricht und säkular vermittelter Ethikunterricht als jeweils alternative Angebote an den Schulen

Auch hierzulande, in der Alpenrepublik, gab und gibt es immer wieder Diskussionen zur Einführung eines obligaten Ethikunterrichts für jene Schüler, die entscheiden, sich vom konfessionellen Religionsunterricht abzumelden. Ich könnte dafür ganz gute Gründe finden, wenn auch klar sein müsste, worin nun diese "Ethik" bestehen sollte. Zum einen halte ich schon mal den Begriff "Ethik" als Alternative zu "Religion" äußerst bedenklich, weil er Religion selbst zu einer Art Ethik degradiert. Das mag nun natürlich in einem Land, das, obwohl schon über 200 Jahre vorbei, noch immer so etwas wie einen josephinistischen Geist in sich birgt, verständlich sein, aber verkürzt in gerade dieser - josephinistischen Denkweise - Sinn und Wesen des Phänomens "Religion" auf "Garant sittlichen Handelns".
So gesehen kann man nun dem Fach "Religion" (welcher Konfession auch immer) höchstens ein Fach: "Philosophisch-Geistesgeschichtlich begründete Lebenskunde mit Übungen zur praktischen ethischen Entscheidungsfindung" als möglicherweise ähnliche Lebensbereiche abdeckend zur Seite stellen (wie das in der Volksschule auszusehen hat - da können schon ein paar Leute mal nachdenken *lol*).
Und es bliebe noch immer das grundsätzliche Problem, dass die weltanschaulich neutrale Körperschaft selber zur Weltanschauung wird, ohne sich dessen bewusst zu sein ... - typische Katze-sich-selbst-in-den-Schwanz-beiß-Situation ...

possibly to be continued

Freitag, 24. April 2009

Jetzt mal etwas ganz anderes

Ich bin beim Stöbern auf etwas ganz altes, aber geniales gestoßen. Ich kann mich noch erinnern, als Jugendlicher manchmal einen Film der Marx Brothers gesehen zu haben. Damals wie heute beeindruckt mich einerseits der anarchische Humor dieser Truppe und die geniale Musikalität gerade Harpo Marx's. Harpo Marx hat in den Filmen nie mit Worten gesprochen - aber seine Pantomime war unübertroffen ...

Noch etwas fällt mir ein ...

... habe gerade die Nachrichten gesehen - hurra, jetzt gehen die Schüler/innen auf die Straße: Sie wollen ihre freien Tage zurück (ich erinnere mich noch an Diskussionen der vergangenen Jahre, da beschwerten sich die Milchmädchen und Dampfplauderer, dass die Lehrer nix mehr arbeiten wollen; dass sie nicht wissen, wohin mit den Kindern an den schulautonomen Tagen - überhaupt, wenn sie irgendwie als eine Art Herbstferien zwischen Nationalfeiertag und Allerheiligen/Allerseelen angesiedelt werden - aber wie hieß es weiland noch mal: Was kümmert mich der Quatsch, den ich gestern verzapft habe - war es Franz Josef Strauß, der das gesagt hat? - Egal)!
Und die Frau Ministerin empfängt, diskutiert, gibt nach, glättet - nur eines fehlt mir: Leadership - die Ministerin ist in die Situation geraten, nur noch reagieren zu können, anstatt zu agieren. Ich denke, dass der Grundfehler darin liegt, zu einer Art Erfüllungsgehilfin diverser Parteibildungsfunktionäre und akademischer Hochschulpädagogen geworden zu sein. - Schade darum, weil ursprünglich hätte ich mir gerade von einer Person, die nicht aus der ersten Parteilinie bzw. aus dem Schulbetrieb (sprich Personalvertretung/Gewerkschaft/also wieder Parteibildungsfunktionär) herauskommt, mehr erwartet.
Es ist einfach zu wenig, sich auf eine Hand voll Bildungsfunktionäre und Hochschulprofessoren der akademischen Pädagogik zu verlassen, wenn es um Bildungsreform geht. Erstens, dass beide Berufsgruppen nicht wirklich an der Front stehen, und zweitens - unterstelle ich mal vorsichtig - nicht unbedingt kamerascheu sind. Und Fernsehkameras wollen nun mal eines: kurze, eingängige Schlagworte, die sich die Leute schnell merken können. Leider taugt dazu das doch einigermaßen hochkomplexe Schulwesen in Österreich gar nicht.
Da gibt es einmal die Pflichtschulen: Der Bund zahlt die Lehrer, das Land stellt sie an und die Gemeinden bauen und erhalten die Schulen.
Dann kommen die Berufsschulen: Wer die Lehrer zahlt, weiß ich nicht - nur eines glaube ich zu wissen: da reden Wirtschafts- und Arbeiterkammer ein gehöriges Wörtchen mit.
Und dann gibt es noch die Bundesschulen: Gymnasien und berufskundliche Schulen aller Arten: von der Landwirtschaft, über Tourismus, Wirtschaft und Handel, alle Arten von Technik bis zu den Einzelexemplaren wie: Büchsenmacher, Uhrmacher, Flugmaschinenbau ... gerade letztere Schulen haben mehr oder weniger eng mit ihnen verbundene Schülerheime bzw. werden von Schüler/innen besucht, die manchmal über das ganze Bundesgebiet verstreut leben.
Und nicht zu vergessen die Privatschulen: Der Bund zahlt die Gehälter der Lehrer, der Schulerhalter stellt ein und erhält die Schule.
Auch hat Österreich eine Geographie - sprich es gibt regionale und sozial-historische Gegebenheiten in diesem Land, die nicht einfach zu ignorieren sind: Streusiedellagen auf der einen Seite, Großstädte auf der anderen, traditionellere Lebensstrukturen auf einen, moderne Patchworkfamilien auf der anderen Seite, auf der einen Seite, Kinder deutscher Muttersprache die nicht mehr ordentlich reden können (weil die Eltern dauernd vor dem Fernseher oder Computer hocken) und Kinder von Emigranten mit ähnlichen Problemen ...
Wie auch immer: Anforderungen an eine Bildungs- und Schulreform lassen sich nicht einfach in ein paar radio- und fernsehtaugliche Schlagworte gießen; was für die einen gilt, ist für die anderen schon wieder der blanke Unsinn (und auch umgekehrt) - was mich wieder dort hinbringt, wo ich schon mehrmals vorher war - Bildungsreform hat lokal zu geschehen - im Dialog mit wirklichen Fachleuten und vorerst einmal ohne Vorgabe großer Limits.
Hier wäre die große Stunde für Sie Fr. Ministerin Schmid:
Wirklich Ideen und Visionen vorzulegen und einen grundlegenden Prozess kontinuierlicher Reform und Adaption einzuleiten - nicht in ministeriellen Vorgaben - sondern im Ermutigen, in der Debatte (vor Ort und ohne Kameras), in Leadership (Obama??? macht nix anderes - für die Peanuts gibt's das Kabinett) - sie gehören an die Front - ZUHÖREN (und nicht gleich Schlagworte und scheinbare Antworten bereit haben) - und die Front ist nicht ein Verhandlungssaal im Unterrichtsministerium, sondern sind die Konferenzzimmer und Klassen - gehen sie einfach hinein - möglichst kurzfristig angemeldet, überraschen sie die Kollegen und vor allem HÖREN SIE ZU!!! Das wäre schon die halbe Miete ... - und ich wage es kaum zu sagen - Lehrergewerkschaft wäre für Sie dann wahrscheinlich nicht mehr wirklich ein Problem

Donnerstag, 23. April 2009

Die Katze kann das mausen nicht lassen ...

... und ich muss wieder mal was weiterschreiben in der Bildungsdebatte - vielleicht liest's ja doch wer ...
Ich möchte hier nur mal so ein paar Dinge erwähnen, die mir so auffallen (bitte wie immer keine wohldurchdachte Systematik erwarten):

Eigenartigkeit, die Debatte eigentlich ohne Inhalt zu führen
IMHO fehlt mir in allen medialen Wortmeldungen - ganz egal von welcher Konfliktpartei auch immer - der Inhalt der Strukturreform. Natürlich wird jetzt was herbeigezogen wie Sprachkompetenzsteigerung, geringere Schüleranzahl in den Klassen, Ganztagsmodelle, gemeinsamen Schule der 10 - 14jährigen, aber das ist ja alles RAHMEN - über den INHALT wird vielleicht hinter verschlossenen Türen nachgedacht, aber in der öffentlichen Debatte kommt der INHALT nicht vor. Ich verwende ein Gleichnis: Irgendwie kommt mir die ganze Situation vor, als würden Galeristen sich die ganze Zeit damit beschäftigen, welche Rahmen sie für die Bilder einer Ausstellung brauchen, wie sie die Rahmen platzieren, was die Ausstellung kosten darf, was möglicherweise die Kritik zu der Ausstellung und ihre Rahmen und deren Platzierung sagen wird - aber eigentlich denkt keiner über die eigentlichen Bilder nach - ja möglicherweise haben die Galeristen noch nicht mal mitbekommen, dass weder Leinwand noch Farbe vorhanden sind und die Künstler nicht mal wissen, wo sie solche herbekommen könnten.

Ökonomisierung der Daseinsvorsorge - Marginalisierung des ländlichen Raumes
Die Krux an der ganzen Angelegenheit liegt in der strikten Ökonomisierung jedes Handelns der öffentlichen Hand. Diese Ökonomisierung geht so weit, dass sie jede Debatte über die inhaltliche Ausrichtung öffentlicher Daseinsvorsorge von vornherein dem Diktat mehr oder weniger leerer Kassen unterwirft. Durch den genialen Schachzug des "Globalbudgets" wird mehr oder weniger ein Verteilungskampf innerhalb der einzelnen Ressorts eingeleitet, und wer jetzt meint, dass das nur die Beamten und andere öffentlich Bedienstete beträfe, der wird sich wahrscheinlich ziemlich irren.
Öffentliche Daseinsvorsorge betrifft generell Infrastruktur, und sollten es die Leute am Land noch nicht bemerkt haben, diese Verteilungskämpfe haben schon längst eingesetzt. Nur spielen sie sich nicht im Rahmen des Offensichtlichen sondern eher sehr verborgen ab. Nehmen wir das Beispiel Schule - durch die vor 6 Jahren vorgenommene generelle Stundenkürzung und Einführung eines Berechnungsschlüssels, der anstatt die Stundentafel der einzelnen Schüler mit Lehrerstunden, die Anzahl der Köpfe der Schüler mit den Lehrerstunden in Beziehung setzt (und dabei die Mächtigkeiten der Jahrgänge geflissentlich außer auch lässt), wird die Attraktivität gerade kleiner Landschulen geschmälert, weil es ja kaum zu verheimlichen ist, mit welchen Akrobatiken Schulleiter hantieren müssen, um überhaupt Unterricht im Rahmen des gesetzlich geforderten stattfinden lassen zu können. Aber das ist nun mal die Frucht diese gnadenlosen Ökonomisierung: Der Allgemeine Mangel wird durchgereicht bis zu den Kleinsten, die auf Grund des oben angeführten Berechnungsschlüssels am wenigsten Manövriermasse haben. In den kleinen Landschulen erweist sich das großspurige Argument, dass mit dieser Art von Globalbudget (sprich generelle Wochenstundenanzahl) die Schule nun so viele Möglichkeiten zur autonomen Gestaltung habe (die Autonomie wird dann nicht mehr gebraucht, um vielleicht Schwerpunkt im Bereich der Sprachen oder der Naturwissenschaften zu setzen, sondern einzig und allein, wie man durch Zusammenziehen von Leistungsgruppen und Turnstunden noch den Ansprüchen überhaupt gerecht werden kann) als zynische Platitüde.

Deswegen die Forderung: Bildungsreform statt Strukturreform - und das VON UNTEN
Lassen wir uns doch wirklich auf lokale Prozesse zu Bildungsreformen ein - Lasst doch die Schulgemeinschaftsausschüsse und Bezirke etwas entwickeln - Lasst einmal den Bedarf wirklich von unten erheben - und dann ordentlich - und INHALTLICH diskutieren, um die sicher dann im Gesamten einigermaßen überzogenen Forderungen dann wieder auf ein entsprechendes Maß zu bringen. Aber das wäre dann wirklich ein Prozess, der zu einer breiten Bewegung in den Schulen führen könnte (was man nicht erwarten kann, dass es dann billiger wäre).
Und vor allem eines: Weg mit dem scheinheiligen Schlagwort der Strukturreform, hinter dem sich nichts anderes als Mängelverwaltung verbirgt (und das nicht nur im Bildungsbereich ...)

Mittwoch, 22. April 2009

Was kümmert mich, was ich gestern gesagt habe ...

... jetzt wird alles zur Staatsoperette: die berühmten "schulautonomen Tage" - alle Jahre wiederholte sich das Gejammere der Elternvertreter, dass sie nicht wissen, was sie mit diesen Tagen anfangen sollen, weil sie keine Betreuung für ihre Kinder finden. Und jetzt schafft man sie halt ab (weil sowieso immer ein Krampf - die einzigen die es wirklich gefreut hat, waren die Schüler - soll ihnen vergönnt sein).
Bitte Bitte, Stammtische in Österreich, alle vereinigten Milchmädchen und Dampfplauderer, jetzt gibt es 5 Tage weniger Ferien für die so privilegierten Lehrer/innen und jetzt ist es auch wieder nicht recht?
Hier geht wirklich schön langsam ein Lehrstück über inszenierte Wirklichkeiten ab - mit der wirklichen Realität hat das ganze gar nichts mehr zu tun.

Dienstag, 21. April 2009

Eines liegt mir noch am Herzen (und dann höre ich auf ...?)

Mir haben in der Ferne die Vorgänge in Österreich wirklich weh getan. Möglicherweise liegt es daran, dass ich nicht wirklich streitsüchtig bin - im Gegenteil eher ein etwas erhöhtes Harmoniebedürfnis habe. Vor allem schmerzte mich mitzubekommen, mit welcher Leichtigkeit (um nicht zu sagen Leichtfertigkeit) gegenseitig Prügel verteilt werden, und allenthalben versucht wurde, zu zündeln (nicht selten haben dabei Fernsehen und Printmedien auch noch versucht, irgendwie nachzulegen).
Irgendwie habe ich auch verstanden, auch wenn es weit hergeholt zu sein scheint, wie im ehemaligen Jugoslawien die Bürgerkriege der 90er Jahre aufflammen haben können. Wenn latente Ressentiments gezielt einerseits bedient und andererseits geschürt werden, dann braucht es nur noch die geeigneten Rahmenbedingungen (von denen wir in Österreich ja Gott sei gelobt meilenweit entfernt sind) um aus braven Bürgern etwas zu machen, was man sich gerade mal ein Jahr vorher nicht einmal vorstellen konnte.
Ich denke, dass in ein paar Wochen hinter verschlossenen Türen eine Art Debriefing aller Beteiligten unter der Leitung eines gut gewählten Supervisors fällig wäre - weil so stell ich mir weder ministerielle Leadership noch das Agieren von Pädagogen vor. Und auch die medial sehr präsenten Vertreter der Eltern und Schüler/innen gehörten hier einbezogen.
Aber möglicherweise sehe ich das alles falsch und Demokratie ist nichts anderes als das Abgleichen divergierender Einzelinteressen (nötigenfalls gebündelt in Interessensverbänden und Parteien) entlang irgendwelcher Wahlergebnisse ...

Eine kleine Metapher-Übung zur Schulreform

Die Schulreform, wie sie allenthalben herumposaunt wird gleicht:

Dem Versuch, das neue indische Sparauto "Tata - Nano" (35PS, 105 Stundenkilometer) für die Formel 1 ins Rennen zu schicken. Und damit niemand merkt, dass es da nicht wirklich hinpasst (aber sparsam ist es!!!) wird Phillip Stark (ja der, mit der berühmten Zitronenpresse) beauftragt, das Design der Karosserie entsprechend zu entwerfen (das entspricht nun der Rolle des Kurier-Kolumnisten Andreas Salcher).
Weil dieses Auto so super aussieht, und die sogenannte Fachpresse sowieso einen Narren am Designer gefressen hat, stimmt auch die Begleitmusik. Alle, die möglicherweise anmerken, dass das ganze ein gewaltiges potjomkinsches Dorf sein könnte, werden entweder ignoriert, oder medial so durch den Kakao gezogen, dass es schon Heldenmutes bedarf, den Schwindel öffentlich kund zu tun.

Liebe Leute!
Gott sei Dank haben sich gestern die beiden Streitparteien zu einem Kompromiss geeinigt. Auch wenn es viele Medien anders kundmachen wollen, haben tatsächlich die Kinder gewonnen. Das Geld, das dem Bildungssystem in den letzten Jahren entzogen wurde, fließt jetzt wieder dort hin, wo es hingehört - von wegen Steuerzahler, der die Zeche bezahlt. Die Auslagerung z.B. der Gebäude ist und war doch nur ein kameralistischer Trick, um die Bilanzen für den Maastricht-Vertrag zu schönen (ähnlich wie bei Asfinag u.ä. ausgelagerten Gesellschaften) - und die Pflichtschulen haben sowieso schon die Gemeinden immer selbst getragen - es ist schon faszinierend, wie man mit Halbwahrheiten argumentieren kann.

Die Lehrer spüren tatsächlich jetzt mehr oder weniger große Einbußen im Lohnsackerl - leisten also ihren Beitrag - aber die Ministerin kann nun meines Ermessens eines nicht mehr: Gelder lokal umschichten und nur um das ist es meiner Meinung ja gegangen - mit den Lehrermehrstunden wäre die Möglichkeit entstanden über den Umweg der Schülerkopf - Lehrerstunden - Proportion, Personal von Randlagen in die Zentren zu verschieben (und damit die Schulen in den ländlichen Randlagen unattraktiv zu machen); ich glaube kaum, dass irgendeine Schule am Land mit vielleicht 100 Schülern auch nur eine Mehrstunde aus dieser sogenannten Reform hätte lukrieren können - vielmehr wäre alles ziemlich sang- und klanglos in die großen Schulzentren hineingeflossen).
Wie ich vor Jahren an meiner Schule angefangen habe, haben wir alles gehabt, was jetzt als Schulreform verkauft wird: kleinere Klassen, kleine Fremdsprachengruppen, intensive Lernumgebung und und und. Dann kam das große Sparen, alles wurde zerschlagen (und dabei war immer schönsprecherisch von den großen Reformen die Rede) - und jetzt wird das, was wir schon mal hatten, millionenschwer neu erfunden - nur mit dem Unterschied, dass jetzt die kleinen Schulen nicht mehr davon profitieren.
Aber da diese Umstände ein profundes und differenziertes Kennen der internen Lage im österreichischen Bildungswesen voraussetzt, kann man mit dem Herumposaunen von Halbwahrheiten und schön klingenden Schlagworten die Lufthoheit über die Stammtische halten und im Hintergrund werkeln, was das Zeug hält.

Bildung ist kostbar, also darf sie etwas kosten - und noch mal Fr. Minister: mit Neidkomplexen in der Bevölkerung zu spielen - das tut man nicht, das ist schmuddelig, das machen nur ehemalige Zahntechniker als Parteiobmänner u.ä. krude Gestalten; dass sie sich da einzureihen versucht haben??? Nein, ich bin enttäuscht.
Aber wie gesagt: der Bürgerkrieg ist abgesagt. Und jetzt könnten sie möglicherweise mal zeigen, was Leadership bedeuten könnte (sollten sie ihre Reputation nicht endgültig verspielt haben).

Montag, 20. April 2009

Ich muss noch einmal über das Wort Strukturreform nachdenken

Und wie der Titel schon sagt: Es ist ein nachdenken - deswegen kann es schon manchmal, wie bei mir sowieso üblich, zu diversen Assoziationsketten und auch gedanklichen Steinbocksprüngen kommen.
Aber lasst uns mal das Werk beginnen:
Strukturreform in der Bildungspolitik - so wie diese mir in den letzten Jahren dahergekommen ist, bedeutet das nichts anderes, als dass mit immer höherer Taktrate, schon stakkatoartig, immer neue Ansprüche mit bezogen auf die Ansprüche immer reduziertere Mittel bedient werden sollen. Der Verweis auf sinkende Schülerzahlen ist sehr einfach zu formulieren, versteht Mädchen Milch und Rudi Banal auf der Straße und kann vorzüglich darüber hinwegtäuschen, dass eigentlich nichts sich ändert. Im Gegenteil, seit dem die Schule effizient schulreformiert wird, sinken konsequent die Ergebnisse der PISA Studie - nur dass möglicherweise die sogenannten Schulreformen der schwarzblauen Camarilla daran schuld sein könnten, und man möglicherweise diese weitestgehend rückgängig machen sollte, auf diese Idee kommt keiner.
Dabei muss doch eines klar werden. Schul- und Bildungsreform hat, denke ich, in einem aufwendigen Prozess von unten stattzufinden - intensiv begleitet und moderiert von entsprechend qualifizierten Personen (die auch und vor allem das Vertrauen der Lehrer vor Ort haben). Schüler/innen, Eltern, Lehrer/innen wären in diesem Prozess sinnvoll einzubinden und eine solche Schulreform wird möglicherweise im Dorf X anders aussehen als in der Stadt Y (und auch im 50km entfernten Dorf A sieht es möglicherweise schon anders aus) - nur das will scheinbar weder Gewerkschaft noch Ministerium noch andere Körperschaften bzw. auch Personen, die sich allesamt bemüßigt sehen, bezüglich des Schul- und Bildungswesens überall im Blätterwald ihre Häufchen ausstreuen zu müssen (und einer hat sogar sein regelmäßiges Örtchen in einem einem Blättlein) - weil dann würde man ja glatt an Macht und Einfluss verlieren. Über Finanzen könnte man dann noch immer noch reden - und wahrscheinlich müssten alle so ihre Federn lassen.
Eine solche Schulreform wäre wohl mühsam, hätte aber die Chance, zu einem kontinuierlichen, von allen mitgetragenen Prozess zu werden - und möglicherweise wäre das mal etwas ganz anderes, als irgendwelchen skandinavischen Modellen nachzueifern, ohne die weiteren außerschulischen Randbedingungen mitzubedenken (das fängt ja schon damit an, dass sie wahrscheinlich die vollsynchronisierten Hollywoodschinken in den betroffenen Ländern an der Hand zählen können. Also will ein Schulkind dort, sagen wir, die Action-Reisser mit Bruce Willis schauen, hört es einmal den englischen Originaltext und muss die Untertitel wohl oder übel recht flink lesen können - na da ist es leicht, Fremdsprachen- und Lesekompetenz zu stärken, ohne dass man mal damit das Bildungbudget belastet - aber das nur mal am Rande).
Ein solcherart basisdemokratisch (bitte nicht jetzt grünparteiisch verstehen) organisierter, institutionalisierter Schulreformprozess wäre eine Strukturreform, die wirklich den Namen verdient, weil sie eine neue Struktur schafft, ohne dabei über Menschen hinweggehen zu müssen - und ich will mal behaupten: möglicherweise würden dabei Modelle rausschauen, die sogar dem Salcher die Ohren würden schlankern lassen. Nur eines kann damit möglicherweise nicht erreicht werden: dass es wirklich um so viel billiger wird.
Aber vielleicht wäre es jetzt mal höchst an der Zeit, diese unselige Ökonomisierung und In-Geldwert-Setzerei mal zu beenden. Dieses überhastete Vorgehen der Ministerin bedeutet für mich, dass sie etwas vorhat, das nicht wenigen Menschen in dieser Republik (und damit meine ich nicht die Lehrer) noch weh tun wird, ohne dass diese es jetzt noch ahnen. Kenner interner Vorgänge in der Schulbürokratie merken schon häufig etwas - für viele "Reformen" wurde in den letzten Jahren Unmenge von Geld hinausgeblasen, ohne dass ein Erfolg ablesbar wäre - nein im Gegenteil, Millionenbeträge sind in nicht tauglich EDV-Lösungen verschwunden u.ä. - fragen sie mal die Lehrer an ihren Schulen, wie das so ist, wenn sie sich jetzt zu Fortbildungsveranstaltungen anmelden möchten, und wie das früher war ...
Nochmal zusammengefasst: Schulreform ja, aber von unten und möglichst spezifisch (was ja das Vorhandensein genereller Bildungsziele ja nicht ausschließt) und mit der grundsätzlich wohlwollenden Bereitschaft, diese Ideen mal ohne strenges spezifisches Budgetkorsett durchdenken zu können. Sparen kann man dann ja immer noch, aber ich denke, dass jemandem, der zuhört auch zugehört werden wird, wenn er/sie mitteilen muss, dass nicht alles so geht, wie man sich das vorstellt - nur gehört das nicht von ganz oben gemacht, sondern ganz unten, auf der Ebene des Bezirkes, von wirklichen Bildungsmoderatoren (und keinen Vollzugslakaien ministerieller Vorgaben, die sich brav über Personalvertretungen und/oder Parteien in diese Positionen hineingedient haben).
PS: Ich gebe zu, sehr zu idealisieren und mögliche Grundgegebenheiten der österreichischen Realitäten nicht mitgedacht zu haben, als ich diese Zeilen schrieb: z.B. dass möglicherweise bei einem solchen Schulreformprozess wieder diverse Kaiser auf Orts-, Bezirks-, Landes-, und Bundesebene auftreten und und und - BASISDEMOKRATISCH
Und ein zweites fällt mir noch ein: Es könnte nun der eine oder andere Schulbürokrat daherkommen, dass ja jede Schule ein hohes Maß an Autonomie habe und und und - nur, in der Schule, die ich vor Augen habe (und da gibt es andere auch, von denen ich das weiß) kommt dies ähnlich rüber, als würden sie aufgefordert, an einem kleinen Übungsschwimmbecken mit 15m x 8m Dimension ein Leistungszentrum für Teilnehmer aller Wassersportarten bei der kommenden Sommerolympiade zu etablieren.
Wie hieß es einmal in einem Modul bei einer Rot-Kreuz-Führungsausbildung:
Managment by Terror: Ziele setzen und Mittel verweigern
Auf gewisse Weise geschieht das jetzt. Na hoffen wir, dass alle gescheiter werden
*lol* ich wäre es ja schon, aber leider werde ich ja nicht gefragt *lol*

Sonntag, 19. April 2009

Eine Theologin hat mir folgenden Kommentar zu meinem letzten Beitrag "geschenkt"

Servus Gerhard,


das Thema, das du anschneidest ist wichtig. Ich glaube allerdings [...], dass das Grundproblem tatsächlich bei John Locke´s Arbeitstheorie liegt, die leider immer noch nicht von der Kirche abserviert wurde (statt dessen hat man sich am Kommunismus die Klauen geschärft, was sicherlich auch viele problematische Ingredienzien hat, aber nicht das Wurzelproblem ist): die Theorie, dass diejenigen, die mehr für die Gesellschaft produzieren, mehr Rechte haben, wertvoller sind. Die Crux dabei ist, dass die Gesellschaft die Werte normt.


Du siehst das ganz richtig, dass ein planloses Veränderungswüten im Gange ist. M. M. n. geht es immer noch um eine Vermehrung des Eigentums und Schützen des Eigentums. Hume & Co.

Die Wirtschaft ist das goldene Kalb unserer Zeit und damit kann alles erpresst werden.


Um auf Locke zurückzukommen: wer nicht angepasst ist, nichts zu bieten hat, was von der Gesellschaft als Wert ankerkannt wird, fällt durch den Rost. Muss sich den Busen vergrößern, das Gesicht liften, das Fett absaugen lassen, sich ein entsprechendes Auto irgendwie ergattern,... Es wird nicht darauf geschaut, was die Kinder können, welche Talente sie haben, sondern es wird danach getrachtet, dass sie die Norm erreichen. Dabei werden nicht nur anderwertig Begabte geknechtet, sondern auch Hochbegabte vernichtet. Locke hat es mit seiner Arbeitstheorie geschafft, die ganze Menschheit zu versklaven.


Der nächste Punkt ist, dass alles durch die Mangel der Statistiken gedreht wird, die einfach kein lebendiges Leben erfassen können.


Und was die Kirche betrifft: die hat sich in der Nihilierung und Abservierung der Befreiungstheologie selbst Saft und Kraft abgeschnitten, um den Ungeheuerlichkeiten zu wehren. Man kann nur hoffen, dass sich die Befreiungstheologie nochmals von den Unterdrückungen befreien kann.

Und: die Chose mit dem Subjekt Kirche fällt uns als Hindernis entgegen, denn das, was die Menschen wirklich brauchen, und wo ich auch zutiefst davon überzeugt bin, dass es Gottes Wille und Ja ist, ist, dass jeder Mensch als Gedanke Gottes lebt und sich entfalten soll. Dass jeder Mensch inkraniertes Wort Gottes leben soll.


Du hast bei mir ein ziemlich präsentes Thema damit angesprochen, weil ich mich oft fürchterlich drüber ärgere, was diejenigen, die gehört werden, verzapfen und dabei spürbar keinen blassen Schimmer haben, wie es den Menschen wirklich geht, sonst könnten sie nicht so schöngeistig vor sich hin brabbeln.


Und, ja du hast vollkommen recht: es wird von den Menschen von allen Seiten nur gefordert, gefordert, gefordert. Und die Ärzte versprechen ewiges Leben, wenn man alle ihre Untersuchungen mitmacht. Sloterdijk hat unlängst in einem Interview gesagt, das was der Kirche, ja dem Glauben an Gott, am meisten zugesetzt hat, ist die Sozialversicherung, der Sozialstaat. Wer schon versichert ist, braucht nicht mehr auf Gott hoffen.

Und genau dieses versprochene Schlaraffenland wird den Menschen nun vor ihren Augen wieder weggezogen.

Abgesehen davon, dass der Wohlstand zu keinem Frieden, keiner Zufriedenheit geführt hat, weil eine Leere geblieben ist, die mit Unsinnigkeiten und immer mehr gefüllt wird.


Was auf Seite der Menschen gefördert werden könnte - Dankbarkeit. Ich bring das meinen Eltern ab und zu bei: wenn sie meckern, dass der Kühlschrank im Eimer ist, zu sagen: kannst du nicht einfach dankbar sein dafür, dass du keine finanziellen Probleme hast, dir einen neuen zu kaufen? Ist das nicht Grund genug, dankbar zu sein?


Das ist mein Weg, die Menschen darauf aufmerksam zu machen, wie gut es ihnen geht. Von einem Patienten von mir die Mama (er war schon über 80 als ich ihn kennenlernte) hat zu ihren Kindern immer gesagt: man darf nicht nur nach oben schauen, sondern muss auch ab und zu nach unten schauen, sonst bekommt man ein steifes Genick. Sie war (ich konnte sie leider nicht mehr persönlich kennen lernen) eine sehr, sehr weise palästinensische Christin.

Wir haben scheint´s verlernt zu danken. Vielleicht auch deswegen, weil wir uns dem Staat gegenüber immer in Rechten wissen und auch den Arbeitgebern.


Worauf der Strukturwandel hinauswill, kann ich dir sagen: ein straffes Wirtschaftssystem, wo alle planmäßig funtkionieren nach rationellen Maßstäben, damit Europa und Amerika die technologische und wirtschaftliche Oberhand nicht verlieren. Das ist Faktum.


Tröstlich war das jetzt ja nicht gerade - aber dein Blogbeitrag, den find ich wichtig und du sprichst ein brandheisses Thema an.

Samstag, 18. April 2009

Die "Anspruchsgesellschaft"

Heute morgen, ich war gerade am Aufwachen, gingen mir so manche Gedanken durch den Kopf - ich hoffe, dass ich sie so weit sortieren kann, dass sie auch von den werten Leserinnen und Lesern aufgenommen werden können.
Mich bewegt noch immer die Bildungsdebatte und "meine Schule", ich habe die Situation der letzten Jahre - nicht nur, aber auch - in der Schule vor Augen und bemerke, dass wir in der sogenannten entwickelten Welt uns in einen Teufelskreis der gegenseitig gestellten Ansprüche hineinmanövriert haben.
Das zentrale Wort, unter dem versteckt an die einzelnen Menschen Ansprüche herangetragen werden, ist das Unwort des Strukturwandels bei gleichzeitiger Verknappung der Mittel. Ob das nun in der Landwirtschaft, in den ländlichen Regionen, in der Wirtschaft generell, in der Organisation des öffentlichen Dienstes, in der Bildung, an den Universitäten, des Gesundheitswesens, auch in Kirche und ihrer Organisation der Seelsorge u.s.w. u.s.f ist - überall ist die Rede von Strukturwandel. Manchmal wird dieses Wort im Sinne einer Aktivität benutzt, manchmal auch im Sinne eines Art Naturgesetzes. Auch werde ich den Eindruck nicht los, dass immer alles schneller geht und andererseits dabei eigentlich ich kaum jemanden kenne, der dieser Situation wirklich hoffnungsfroh gegenüber steht.
Auch ist mir persönlich nicht klar, worin das Ziel dieses Strukturwandels bestehen soll. Ist es ein Hinterherhecheln irgendwelcher scheinbar natürlichen Entwicklungen oder was?
Ich bin kein Militärtheoretiker, aber ich denke es war von Clausewitz, der einmal formuliert haben soll, dass man ja keinen Krieg beginnen soll, wenn man nicht weiß, wie er endet. Dieses wirklich gültige Grundprinzip strategischen Denkens ist in Analogie sehr wohl außerhalb des engeren militärischen Bereiches anwendbar.
Dieser Grundsatz aber scheint mir gegenwärtig in den Gesellschaften des Westens im Allgemeinen und in Österreich im Speziellen nicht angewendet zu werden. Es wird herumgedoktert und strukturreformiert was das Zeug hält (zumindest versucht man es), nur wird mir persönlich nicht klar, wo das strategische Ziel ist (taktische Ziele sind natürlich auszumachen, aber das große Ganze bleibt irgendwie unbestimmt und verwischt - siehe die jetzt laufende Schuldebatte). Es scheint in unserer Gesellschaft wirklich keiner zu wissen, wo der Dampfer hinlaufen soll - Entscheidungsträger verlieren sich in manchmal kopflos anmutendem Aktionismus und zurück bleibt vor allem bei den Betroffenen eine vage Orientierungs - und auch Hoffnunglosigkeit, die sich gerade mal in Proteststimmen bei Wahlen für Parteien äußern, die diese vage individuelle Unzufriedenheit zu instrumentalisieren wissen (ohne dabei wirklich zu sagen, worin ihre Vision nun besteht).
Ich denke, dass wir einen fundamentalen Politikenwechsel nötig haben. Unsere Gesellschaft braucht jetzt wirklich wieder eine Basisvision (der Struktur nach ähnlich den 50ern - NICHT den Inhalten nach - die müssten jetzt mal neu und VON der BASIS her formuliert werden) - eine Basisvision, die nicht die altbekannten Platitüden der verschiedenen Parteien in ihre Begrifflichkeiten aufnimmt. Eine Basisvision, die den Menschen wieder eine positive Generalperspektive des Lebens gibt; eine Basisvision, die dem einzelnen in, wie auch der der ganzen Gesellschaft an sich Kraft gibt, auch widrige Umstände zu meistern; eine Basisvision, die getragen ist von einem Grundvertrauen in sich selbst und in die Gesellschaft und deren einzelnen Gemeinschaften und Institutionen; eine Basisvision, in der nicht nur Solidarität von den je anderen eingefordert wird, sondern die auch die Idee einer aktiv gelebten Solidarität dem einzelnen einpflanzt.
Das heutige Lebensgefühl, wie es sich mir darstellt, aber scheint sich am besten mit einem Couplet des grossen Kabarettistenduos Qualtinger/Bronner aus den 50er Jahren einfangen zu lassen: Im Lied "Der Wülde mit seiner Maschin´" heißt es: " I woas zwoa net, wo i hin wül, owa dafia bin i friaha duat."
Was ist nun die Folge dieser, wie ich meine, die Gesellschaft durchziehende Dynamik. Schlicht und ergreifend Überforderung. Die Menschen sind überfordert - und zwar überall. Und keiner stellt das fest, keiner hilft. Die eigentlich strukturell vorliegende Überforderung wird individualisiert, diverse Beratungen werden angeboten und das Angebot ausgiebig befeiert - aber die generell krank machende Situation selbst wird nicht bearbeitet - nein im Gegenteil, man setzt, hoffentlich unbewusst, oft noch was d'rauf, wie es derzeit zum Beispiel im Schulstreit fatalerweise durch Ministerin Schmied geschieht (und möglicherweise tut sie auch nichts anderes, als selbst durch Minister Pröll widerfahrenes weitergeben; und der mag auch wieder nur ein Getriebener sein ...). Anstatt wirklich mal zuzuhören, wird mit latenten Neidgefühlen operiert und versucht, die Lufthoheit über die Stammtische zu erringen (irgendwie seltsam das Schweigen Straches in dieser Sache - ich glaube, dem hat es angesichts des Erfolges Schmieds die Sprache verschlagen).
Man könnte hier nun jede Menge weitere Beispiele anführen, beginnend bei der produzierenden (Land)Wirtschaft, über andere Bereiche des öffentlichen Dienstes, Gesundheitswesen bis zur Kirche hin.
Was jetzt gefragt wäre, wäre ein tiefgreifendes Innehalten aller, von den Jüngsten zu den Ältesten, von den "kleinsten" bis zu den "grossen Tieren" - ein Prozess des Dialoges, ein Entwickeln einer Art generellen Vision für die Republik Österreich vorerst mal Abseits ideologischer und weltanschaulicher Scheuklappen, ein Prozess des aufeinander Hörens und wirklichen Ernstnehmens. Dann, denke ich mir, würde auch die Kraft unserer Gesellschaft wieder stärker werden, auch widrige Situationen zu meistern, weil die Menschen lernen, trotz ihrer jeweiligen Unterschiede an einer Gesellschaft sich zu beteiligen, von der sie sich einerseits getragen wissen, die andererseits sie zu mitzutragen bereit sind.
God bless you

Freitag, 17. April 2009

Manchmal muss man zwischen den Zeilen lesen

Heute dürfte Finanzminister Pröll, wenn ich die Nachrichten richtig verstehe, in einem Nebensatz angesprochen haben, wo für mich der Hase im Pfeffer liegt: Er spricht, dass bis zum Jahr 2013 Mehrausgaben im Sinne eines Globalbugdets im Bildungsministerium getätigt werden bei sinkenden Schülerzahlen.
DENKFEHLER - und dieser zieht sich wie das Amen im Gebet schon durch die ganze Schulpolitik des letzten Jahrzehnts. Der Denkfehler besteht schlicht darin, dass das in Proportion setzen von Schülerköpfen mit Lehrerstunden einfach nicht sachgerecht ist. Es mag wohl bei Schulen ab ca. 200 Schülern sich mehr oder weniger ganz gut ausgehen, aber alle Schulgrößen darunter beginnen zu leiden. Noch einmal: die Berechnungsmethode ist nicht sachgerecht, weil im Wesentlichen nicht die Bedürfnisse der an der vordersten Front Beteiligten (Schüler/innen wie Lehrer/innen) bedacht wird.
Sachgerecht wären viel mehr folgendes: Wie viele Unterrichtsstunden sollen die Kinder haben, was soll wie unterrichtet werden, wie viele Kinder eines Jahrganges eröffnen eine Klasse, allen Kindern müssen grundsätzlich alle Angebote gleich angeboten werden (der Voraussetzung nach), ganz egal, ob sie nun irgendwo hinter den 7. Berg leben und zur Schule gehen oder in einem der Speckgürtel der Ballungszentren.
Es kann nicht angehen, dass an manchen Megaschulen möglicherweise Leistungskurse im 300m Weitschielen über Hürden angeboten werden können, an anderen kleinen Schulen im Bezirk sich der Direktor schon die Haare raufen muss, dass er überhaupt noch die Stunden zu einem einigermaßen vernünftigen Unterricht zusammenstoppeln kann.
Aber möglicherweise ist das ja das Ziel der sogenannten Reformer: Weg mit den kleinen Schulen am Land, ein politischer Bezirk mit 50 000 Ew benötigt mal sagen wir 5 Schulen - den Rest sperren wir halt zu. Ist ja wurscht, ob die Kids ewig dann im Bus herumzuckeln - ah, vielleicht ist das ja auch das Ziel der sogenannten Reform: stellt euch vor - Ganztagsschule Beginn um 9:00 Ende 16:00 (dazwischen Mittagessen - rechnet mal die Stunden und vergleicht sie mit den jetzigen - so viel Unterschied ist ja da auch wieder nicht). Bis man die Kinder in Streusiedellagen alle aufgeklaubt hat, kann es schon mal eine Zeit lang dauern - sagen wir spätestens um 7:30 sollte man damit beginnen - und am Ende - bis 18:00 sollten sie mal daheim sein ... hurra wir haben unsere Kids verstaut von 7:30 bis 18:00 - im Extremfall).
Das sind halt die Facts, die keiner so mitkriegt - an denen aber konkret manche ländliche Regionen schon länger leiden.
Wie hat unser Geographielehrer einmal zitiert (wen, weiß ich nicht): Glaube keiner Statistik, die du nicht selbst manipuliert hast. Das heißt nix anderes: Zahlen mögen vielleicht für sich stehend wahr sein, aber ob sie die Wirklichkeit der Menschen treffen, ist mal ein ganz anderes Kapitel.

Ceteror Censeo: Gebt den kleinen Schulen die Unterrichtsstunden zurück, damit sie arbeiten können!!!!

Heute im Interview in der ZiB 2 ...

... Ministerin Gehrer - ah, die heißt ja Schmid - aber eh komplett egal: Wenn´s um das Phrasendreschen geht, war die eine einst so gut, wie die jetzige ist - leeres Wortgehülse von Reform und anderem bla bla. Man muss eigentlich dieses ganze Geschwätz nur auf die Substanz abklopfen und dann kommt man möglicherweise drauf, dass alles auf "Strukturreform" hinausläuft - und wenn ich das Wort "Strukturreform" höre, dann werde ich im allgemeinen ärgerlich. Strukturreform läuft nämlich so gut wie immer zu Ungunsten des ländlichen Raumes ab. Was wurde und wird nicht alles als "notwendige Strukturreform" verkauft:
Greißlersterben, Pfarrzusammenlegung, das Schließen des letzten Dorfwirtshauses (da passen wenigstens die "Pfarrkinder" in Schönbach, Traunstein und Kirchbach auf, dass das nicht so schnell passiert), Klassenzusammenlegungen, Zentralisierungen allenthalben, Bauernschwund, und und und -
- und im ganzen Wortgewölke der Zentralraumpolitiker wird das nicht mal gedacht - weil davon haben allesamt (alle Coleur) nicht die leiseste Ahnung, und sollten sie sie haben, dann ignorieren sie die Folgen ihres politischen Handelns - möglicherweise gibt´s ein Trostpflasterl (da ein Subventiönchen, dort ein paar 1000 Eurolein, vielleicht asphaltiert man auch mal einen Feldweg, damit alle schön die Pappen halten, wenn die Entrage irgendeines Politikers Wählerstimmen heischend durch die Lande zieht).
Ich sag´ es mal so: Gebt uns die Unterrichtsstunden zurück in den Volksschulen und an den Hauptschulen in unseren Gemeinden; lasst doch wirklich mal die Lehrerinnen und Lehrer arbeiten, hört mal zu, um was es den Jugendlichen wirklich geht, anerkennt, dass eine Schule gerade am Land KEINE Unterbringungsanstalt für pubertierende Jugendliche ist, fragt mal nach, was wir wirklich brauchen (und dann werden so manche sehr entbehrliche Schulbürokraten merken, dass es nicht um die Versorgung von Lehrpersonen, sondern wirklich darum geht, für die anvertrauten Kinder ein möglichst abwechslungsreiches und lehrreiches Bildungsangebot anzubieten - aber das schert weder Bezirks-, noch Landes- noch Bundesbildungsbehörden; Hauptsache sie haben alle ihre Auftritte im Fernsehen und diversen Medien). Aber leider - die am Rande hört man nicht und die im Zentrum interessieren sich nicht für erstere - Wie lange noch lassen wir uns das bieten??????

Donnerstag, 16. April 2009

Zur Schuldebatte wieder mal eine Wortmeldung meinerseits

Je länger der Schulstreit andauert, desto unangenehmer wird mir die Ministerin. Diese Dame kann mich von mal zu mal immer weniger überzeugen. Das was sie als Reform verkaufen will, ist, zumindest in Niederösterreich, schon Tatsache (Verminderung der Klassenschülerhöchstzahl) - und alles andere bringt für den Schulstandort Schönbach (und die meisten kleinen Landschulen) nur Nachteile.
Gut, mit diesem "Nachteilebringen" steht sie in bester Tradition mit der emeritierten Bundesministerin Elisabeth Gehrer (a.k.a. "Strickliesl"); was als Reform verkauft wird, ist nichts anderes als ein Umschichten von Mitteln zu Gunsten von Ballungsräumen. Das funktioniert eigentlich ganz gut, weil die dahinter liegende formale Logik eigentlich von niemandem außerhalb dem Kreise der betroffenen Pädagogen überhaupt verstanden werden kann (da geht es um Formeln und Schlüssel und und und - Stichwort: größere Einheiten werden überproportional bevorteilt) - und was noch hinzukommt: Im Pflichtschulbereich muss sich um die Schule die Gemeinde kümmern - also großspurige Versprechungen der Ministerin, die Infrastruktur der Schulen ausbauen zu wollen, werden entweder von anderen bezahlt (im Bereich der Pflichtschulen) oder zu Gunsten der Bundesschulen umgeschichtet (Reduktion der Personalkosten gehen eindeutig zu Gunsten des Bundesbudgets)
Der eigentliche Sündenfall zu Ungunsten der kleinen Landschulen wurde aber eindeutig von Gehrer vollzogen. Unter dem Vorwand einer "modernen Reform" (anständig, zumindest indirekt begleitet durch diverse "Fachleute") unter dem Schlagwort "erweiterte Schulautonomie" wurde nicht mehr eine auf den Schüler bezogene Stundentafel zum Maßstab der an einer Schule zu unterrichtenden Anzahl der Lehrerstunden gemacht, sondern eine abstrakt ermittelte Schüler-Lehrerstunden-Relation. Die dazu konstruierte Algorithmus hat die Eigenschaft, diese Schüler-Lehrerstunden-Relation in Richtung größerer Schulen zu optimieren.
Hatten z.B. früher Schüler/innen an Hauptschulen noch einen Anspruch auf leistungsbezogenen Unterricht in definierten Gruppen (wenn eine gewisse Mindestzahl der Gruppe garantiert war), besteht nun das ganze nicht mehr. Jahrgangsbezogener Unterricht wird als nachgeordnetes Prinzip verstanden (so kann man in kleinen Volksschulen nun von einer Gesamtzahl der Schüler ausgehen und die Klassenzahl berechnen, wohingehend früher 10 Schüler eines Jahrganges eine Klasse eröffnet haben) - und immer fand und findet sich ein "Experte" der alles irgendwie schönredet.
Ministerin Schmidt setzt diese Tradition (ob gewollt oder ungewollt weiß ich nicht) schlicht fort, der Finanzminister lächelt sich insgeheim ins Fäustchen (das er nämlich durch einigermaßen restriktive Bugdetpolitik und aufmüpfiger Gewerkschaft im Grunde genommen die ungeliebten Ideen aus dem Koalitionsvertrag in Bezug auf Schule schlicht verunmöglicht, ohne einen Finger dazu rühren zu müssen, bzw. offiziell den Haussegen der Koalition schief hängen).
Und die sogenannten (ver)öffentlichte Meinung, die Weisheit der Stammtische, die etwas ungute Rolle der Lehrergewerkschaften (zumindest ihrer Performance) tun dazu das übrige, dass nämlich die Bildung an sich schaden leidet im Allgemeinen und im Speziellen natürlich die Schulen abseits diverser regionaler Zentren.