Samstag, 28. Februar 2009

Zur aktuellen Bildungsdebatte 2. Teil

Nach dem gestrigen - zugegebenermaßen eher spekulativen - Beitrag, möchte ich heute mir ein wenig Gedanken zum Begriff Bildung an sich machen - und möchte gleich vorwegnehmen, dass ich hier nicht beanspruchen möchte, restlos, bis in alle Facetten gehend, im Besitze der allein selig machenden Antwort zu sein.

Bei den vielen Diskussionen in den letzten Jahren (oder sind es Jahrzehnte) über das Bildungsthema, wird die Bildung selber als Thema außer acht gelassen. Wohl wird mit Regelmäßigkeit seit der Erstellung regelmäßiger so genannter PISA-Studien über fehlendes Wissen der Schüler geklagt, aber die Diskussion bleibt in, meiner Meinung nach, erschreckender Weise ziemlich an der Oberfläche. Es wird das mangelnde Lesevermögen der Kinder und Jugendlichen be- und nahezu im gleichen Atemzug die Lehrer bzw. die Schule als System angeklagt. Ähnlich der Anzahl der nationalen Teamchefs im Fußball, tritt eine schier unüberschaubare Anzahl an Bildungsexperten aller möglichen Quellberufen entstammend mit ihrer Expertise auf. Dann kommen noch Mr. No (Fritz Neugebauer) und seine Paladine hinzu und schon ist die Sache wieder mal ordentlich am Kochen, der Kurier steigert seine Auflage, die Journalisten freuen sich über Pausenfüller, die Politiker über ein Thema, über das sich vortrefflich streiten lässt - weil - ja jeder in diesem Land Experte ist.

Die einzigen, die da immer ungeschoren bleiben, sind einerseits die Schüler (deren Vertretung geflissentlich die Opferrolle spielt) und andererseits die Eltern; aber auch Gesellschaft und Wirtschaft bleiben irgendwie ungeschoren.

Aber jetzt genug der Polemik - in Medias Res:

Was soll Bildung leisten?

Ich glaube, dass es einen ganz massiven Unterschied zwischen Bildung und Wissenserwerb gibt. Wissenserwerb hat für mich den Beigeschmack der Zielgerichtetheit. Das heißt: in erster Linie steht im Vordergrund, jene Fertigkeiten zu erwerben, die gerade zur Bewältigung eines bestimmten Zieles erforderlich sind. Und hier kann man sich fragen, was die Ziele sind, und wer sie festlegt. Ich persönlich hege den Verdacht, dass die PISA-Studien methodisch ihren Focus auf Wissenserwerb bzw. auf dessen Methoden legt. Was ja nicht unbedingt mal schlecht sein muss.

Die Kernfrage des mit dem Begriff Wissenserwerb verknüpften Lernens ist: Wozu? Und wenn die Antwort auf dieses "Wozu" eher eng gefasst ist, dann wird auch das Lernen von Seiten des Lernenden eher eng gefasst werden (das einzige, was dann daneben noch Platz hat, ist möglicherweise irgendein Spezialinteresse - Fussballergebnisse z.B.). Und dann soll man als Lehrer z.B. einem Mädchen Physik nahebringen, welches mit 12 beschlossen hat, Friseurin zu werden und in der 4. Kl. HS schon weiß, wo sie ein Jahr später als Lehrling beginnen kann. Ich wage mal so viel zu behaupten: Sie wird nur noch dafür lernen, sich nicht das Zeugnis zu verhauen. "Interessieren tuat mi nix, aber ich lerne für die 100 Punkte beim Test!" - direkt oder indirekt geistert diese Haltung immer wieder durch die Klassenzimmer.

Demgegenüber möchte ich den Begriff Bildung stellen. Bildung fragt nicht nach dem Zweck, sondern ist das Streben des Menschen nach dem Schönen und Wahren - ich weiß, das klingt jetzt mal etwas pathetisch. Bildung fragt nach dem, wie es in Goethes Faust I im ersten Aufzug heißt:
... Daß ich erkenne, was die Welt
Im Innersten zusammenhält ...
auch wenn Faust nach Goethe an der Aufgabe mal scheitert, alles Wissen zu können und sich darum der Magie zuwendet - aber sagen wir mal so, davon scheint mir der Mehrzahl der Bevölkerung nicht unmittelbar betroffen zu sein ;-))
Richtige Bildung ist sich selber Ziel. Natürlich kann kein Mensch alles wissen, aber neben der nötigen Spezialisierung in einem Feld - sei es nun diverse handwerkliche Fertigkeiten oder spezifisches Wissen - zum Zwecke einer erfüllten Berufsausübung, bedarf es der Ergänzung durch eine fragende Grundhaltung und Offenheit gegenüber den Dingen des Lebens und eigentlich der Welt im Allgemeinen, wie und wo immer sie dem Menschen begegnen.

Diese Art von Bildung ist für mich auch eine Art Impfung gegen jede Art von Totalitarismus und Intoleranz (Ausnahmen bestätigen die Regel ... ich weiß schon Goebbels war gebildet u.u.u. - aber der war ja oben, und dessen schlechter Charakter wurde ja gerade von Massen hochgespült, die es damals möglicherweise nicht besser wissen konnten), die meiner Meinung nach immun macht, auf die Vereinfacher in Medien, Politik und nicht selten auch Religion reinzufallen, die allenthalben versuchen, durch Schüren von Ängsten für sich Kleingeld zu machen. Eine umfassende Bildung verhält sich normalerweise indirekt proportional zur Manipulierbarkeit.

Wobei ich ganz deutlich feststellen möchte, dass Bildung nicht gleichzusetzen ist mit Schulabschlüssen - man glaubt gar nicht, wie viele ungebildete Akademiker es geben mag (die nämlich außer ihrem Gebiet für gar nichts anderes Interesse zeigen und auch nicht viel mehr wissen in den meisten anderen Bereichen als ein durchschnittlicher Hauptschüler in der 2. Klasse, der vielleicht hin und wieder mal in eine Zeitung hineinschaut) und wie viele Handwerker und Vertreter anderer Berufe es gibt, die versuchen vielen Dingen gemäß ihren Möglichkeiten auf den Grund zu gehen und im Laufe der Zeit große Weisheit erlangen (womit ich jetzt versehentlich wieder einen Begriff eingeführt habe - aber den möchte ich jetzt nicht weiterarbeiten) .

Um diese Art von Bildung, die ich als das eigentliche Ziel jeder Unterrichtstätgiekeit auffasse, zu ermöglichen, bedarf es in erster Linie nicht einer neuen Schulorganisation (so gut sie auch sein mag) - dazu bedarf es in erster Linie Eltern, die die Erziehung ihres Nachwuchses wieder selber in die Hand nehmen und die sich diese nicht von der Glotze oder dem Computer aus der Hand nehmen lassen. Es bedarf wieder Eltern, die ihre Kinder motivieren, Bildung und Wissen als positives Gut an sich zu sehen, und nicht nur in Bezug auf mögliche Karrieren, wie immer die auch aussehen mögen.

Es bedarf aber auch einer Gesellschaft, die in ihren Angeboten sich auch wieder bewusst wird, dass Bildung nicht nur sich auf die Schule beschränkt, sondern gerade für Kinder überall geschehen müsste. Hier stellt sich die Frage, was wird heute medial geboten und transportiert, nicht mehr hinterfragt - konkret, ist es wirklich notwendig, rund um die Uhr billige japanische Zeichentrickserien und kitschig-süssliche amerikanische Soaps über den Äther zu schicken, auf dass die Gehirne der Kleinen (und nicht weniger "Großer") so richtig zugekleistert werden. Da könnte man noch weiter fragen - aber das würde hier den schon gesprengten Rahmen endgültig überziehen

Ein kleines Beispiel zu Bildung als Selbstzweck: Ein Schulkollege von mir arbeitet jetzt in der Agrarmarkaufsicht, hat daheim eine kleine Landwirtschaft mit Weinbau. Aber er hat mit mir maturiert, hat Latein und Altgriechisch gelernt und ist noch immer froh darüber, als Jugendlicher Einblick ermöglicht bekommen zu haben in die Grundlagen unserer Kultur und Gesellschaft - und ich weiß auch, um den Gedanken der Manipulierbarkeit in diesem Zusammenhang auch kurz zu exemplifizieren, dass er sicher nicht anfällig ist auf die vereinfachenden Sudereien eines Wiener Zahntechnikers, den es, aus welchen Gründen auch immer, an die Spitze einer politischen Bewegung geschwemmt hat, deren ideengeschichtliches Unterfutter eigentlich seit 64 Jahren auf dem Misthaufen der Geschichte verrottet sein sollte.

To be continued

Freitag, 27. Februar 2009

Zur aktuellen Bildungsdebatte 1. Teil

Eine möglicherweise nicht ganz ernst genommen wollende Randbemerkung am Beginn:
Könnte es vielleicht sein, dass ungewollt (oder auch gewollt?) der Bildungsministerin Schmied mit der vor ein paar Tagen getroffenen Ankündigung der Ausweitung der Kernunterrichtszeit für Lehrer um 2 Stunden, ein nahezu genialer PARTEIPOLITISCHER Schachzug gelungen ist?
Es gibt ja wirklich keine nettere Sache für einen politischen Mitbewerber, als mit ein paar Schlagworten der Konkurrenz interne Arbeit zu bescheren. ÖAAB-Lehrer gegen Wirtschaftsbund - das nenn ich Härte.
Wobei man dem Pröll (den mit den Haaren meine ich) auch nicht eine gewisse Schlitzohrigkeit absprechen kann. Natürlich weiß ich nicht, was bei der "Beichtstuhlbudgetkonferenz" konkret gesprochen wurde, aber ich kann mir vorstellen, dass es vielleicht so gelaufen sein könnte:

Am Ende der Verhandlung:
Pröll: Tut mir leid, mehr gibt´s nicht; mehr hab´ ich nicht.
Schmied: Aber die projektierten Pläne kosten so und so viel mehr.
Pröll: Noch - mal mehr geht nicht - hast eh was extra kriegt, vielleicht borgt dir der Darabos was - bitte jetzt net tuan, sunst haut der mi wida
Schmied: Na ja, hm, waun a Lehra zwoa Stunden mehr hackln tat, daun hät ma a moi um de 240 000 Orbeitsstunden dazuakriagt, des wa schon wos, wos do aun Geld übableibat kunnt ma schon wos aundas mochn in da Schui; du Pepal, gangat des?
Pröll: Du wiast da´s mochst, is ma eigentlich wurscht, nua oans is fix, mehr kriagst net!
Schmied: Oiso kann I des mit de Mehrstunden mochn
Pröll: Wia gsogt, Ministarin bist Du, moch wiast glaubst
Aus obigem - fiktivem - Dialog kann je nach Interpretation folgendes entnommen werden:
  • Schmied: Der Finanzminister hat zugestimmt. Was er eigentlich getan hat, indem er keinen Einwand zur Idee der Ministerin geltend macht)
  • Pröll: Von seiner Seite hat es dahingehend keine Vereinbarung gegeben. Was eigentlich auch stimmt, weil ja im Prinzip kein Vertrag unterzeichnet, bzw. auch mündlich keine positive Zustimmung vorliegt (Pröll machte nur keinen Einwand geltend)
Aber alles in allem, wird bei euch lustig werden ...
To be continued

Montag, 16. Februar 2009

Sehr geehrter Dr. Wagner Gerhard

Ich war natürlich mit ihrer Nominierung zum Weihbischof alles andere als glücklich - eher aufgrund dessen, was ich von ihnen in nahezu schon knapp 25 Jahren so erfahren durfte eher entsetzt. Aber ihre Entscheidung um die Rücknahme der Ernennung zu bitten zeigt für mich eine Art von Größe, die ich mir eigentlich nicht erwartet habe.

Im Gegenteil vielleicht zu vielen Schreiberlingen und anderen Hurraschreiern aber denke ich, dass sie diesen Entschluss in voller Freiheit und aus eigenen Stücken (möglicherweise auch unter Bedachtnahme der alterwürdigsten Vätertraditionen der Kirche) gesetzt haben. Ich danke ihnen dafür. Gottes Segen für ihren weiteren Weg als Priester

Samstag, 14. Februar 2009

23. April 1950

Wien Stephansdom: Der designierte Erzibischof-Koadjutor Dr. Franz Jachim lehnt aus Gewissensgründen öffentlich kurz vor dem Weiheakt seine Bischofsweihe durch Kardinal Innitzer ab. Später wird er dann in Rom dann doch zum Bischof geweiht - aber das ist wieder ein anderes Kapitel österreichischer Kirchengeschichte.

Ich denke nur, dass es ein Zeichen wirklicher Größe wäre, es Dr. Franz Jachim gleich zu tun. Zumindest würde Gerhard Wagner dann nicht mehr bei mir unter der Rubrik "Leserbriefschreiber" sondern unter der Rubrik jener Menschen laufen, mit deren Meinung ich nicht wirklich einverstanden sein kann, die aber doch ein Stück charakterlicher Größe zeigen ...

Donnerstag, 12. Februar 2009

Ein kleiner Beitrag zum Darwinjahr

Ich lese regelmäßig Spiegel - Science, spektrumdirekt und verwandte Magazine. Derzeit ist gerade der Darwinhype ausgebrochen. "Alles Darwin" - wird schon sozusagen als Schlachtruf verwendet.

Mir kommt das ganze schon etwas lächerlich vor. So wie das jetzt in der Scientific Community (zumindest in manchen Teilen) zelebriert wird, kommt es mir schon so vor, als würde in einem Zimmermannsbetrieb das "Jahr der Motorsäge" ausgerufen. Es gäbe dann Motorsägenkongresse, Symposien über die Stellung der Motorsäge in Gesellschaft und Kunst, es würde nachgedacht, ob man mit der Motorsäge vielleicht nicht doch auch pflügen könnte und dass mit die Motorsäge eigentlich mit dem Motorrad und dem Fahrrad verwandt ist, und auch eine gewisse Beziehung zu Baggern und Panzern nicht von der Hand zu weisen sei.

Was ich sagen will. Die Evolutionstheorie ist ein Werkzeug für Biologen und vielleicht lassen sich von der Biologie ausgehend so manche mathematische Formalismen erstellen, aber als Theorie of Everything, als welche sie kolportiert wird, taugt sie nun nicht, so sehr das auch einige Wissenschaftsjournalisten uns allen glauben machen wollen.

Schon gar nicht taugt die Evolutionstheorie aber dazu, Aussagen über die Wirklichkeit Gottes zu tätigen - schlicht und ergreifend nämlich deswegen, weil Gott nicht Gegenstand dieses Gebäudes ist.

Um nicht missverstanden zu werden, mir liegt gar nichts an Intelligent Design und deren Vulgärvariante des Kreationismus; die Erkenntnisse der Paläonthologie sind für mich unbestreitbar, und auch der Phylogenetische Stammbaum (obwohl sich da allemal die Gestalt ändert - aber das ist nun mal das Wesen der Naturwissenschaften, dass sie eigentlich keine Erkenntnisse im engeren philosophischen Sinne vermitteln, sondern nur Erklärungsmodelle für bestimmte Situationen bereithalten - und diese Erklärungsmodelle sind genau so lange gültig, so lange nicht etwas anderes entdeckt wird, das nicht mehr ins Modell passt).

Mir geht es nur darum festzuhalten, dass Naturwissenschaften genau so wenig über Gott sagen können, wie Theologie und Glaubenslehre über naturwissenschaftliche Modelle (was nicht ausschließt, sich immer wieder auch gegenseitig befragen zu lassen)

Sonntag, 8. Februar 2009

Anknüpfend an meinen letzten Satz:

Aus einer Haltung beständiger Negation von Bestehendem kann letztlich nichts positives wachsen.

Ich denke, dass dieser Satz sehr bezeichnend gerade die Situation jener Kirche darstellt, wie sie einerseits von Medien gezeichnet andererseits von Elementen der sogenannten Hierarchie sichtlich den selben angetragen wird. Mit diesem Eintrag beschließe ich, in Hinkunft nicht mehr über Rom und diverse Eigenartigkeiten zu JAMMERN (ich hab nix vom verarschen geschrieben) - sondern vielmehr mich dem wirklich wesentlichen Dingen (und dazu gehört der angehende Weihbischof von Linz sicher nicht) zu widmen.

Kann es wirklich sein, dass eine aus dem Ruder laufende Gerontokratie das Evangelium konterkariert? Nein, sie kann es nicht - sie kann es nicht, vor allem wenn wir sie nicht lassen. Und ich habe jetzt beschlossen, mich nicht mehr von dieser mieselsüchtigen Partie da mich emotional niederschlagen zu lassen. Und ich denke, dass es wichtig wäre, dass möglichst viele Christen sich in eine Phalanx einreihen, die diesen Leuten nicht mal mehr den Gefallen macht, gegen sie aufzutreten. Klar und offen leben, was nun wirklich der Auftrag Christi ist: Das Reich Gottes anzusagen und als lebendiger Leib Christi diese Botschaft auf manigfaltige Weise leben (und nicht herumzumeckern, was alles falsch ist).

Samstag, 7. Februar 2009

Bischofsernennung als Disziplinierung ...

Bei der letzten Bischofsernennung - Gerhard Wagner zum Auxiliar(Hilfs)bischof von Linz - scheinen meiner Meinung nach ganz fundamentale christlich-spirituelle und auch allgemeine Managementgrundsätze über Bord geworfen worden zu sein.

Ersteres dahingehend, dass hier ein Mann bestellt wurde, der sich eher nicht durch tiefgreifende Spiritualität sondern eher durch patzige Bemerkungen wichtig gemacht hat (und das schon durch Jahrzehnte - früher wurden Bischöfe durch Ordinariate lanciert und von der römischen Bürokratie durchleuchtet; in diesem Fall scheint eher die Redaktion eines windigen, sich katholisch gebenden Blattls aus der Mühlviertler Provinz nominiert zu haben und über die Hintertreppe hat dann irgendein vatikanischer Briefträger dem Papst den Namen Wagner in die Unterschriftenmappe gemogelt); und zweiteres weiß eigentlich jede Mutter und jeder Vater, dass wenn Geschwister untereinander streiten es wirklich das allerblödeste ist, für einen der Streithanseln Partei zu ergreifen (und sollten sie noch so sehr von einem überzeugt sein).

Seit Mitte der 80er Jahre versucht nun Rom irgendwelche scheinbaren Missstände mit diversen Bischofsernennungen zu bekämpfen - dafür, dass dieses scheinbare Projekt der Bekehrung der Kirche Österreichs schon 24 Jahre läuft, hat es eigentlich gar nix in Richtung welcher Form von Kirche auch immer geholfen. Einzig die Kirche im Ganzen und das Bischofsamt im Speziellen haben Schaden gelitten. Wer unter den Bischöfen noch einigermaßen ernstzunehmen ist, leidet möglicherweise still und sieht zu, seine Diözese so weit in Ordnung zu halten; die anderen liefern den Medien um so lautstärker Futter (und - na ja - der wirklich operative Erfolg verhält sich zu dieser Lautstärke vemutlich eher indirekt proportional: Je lauter der Bischof schreit, desto weniger ...).

Früher hat man Männer von Schrot und Korn zu Bischöfen gemacht, heute scheint man eher dazu zu  neigen, die Kanditaten unter den Leserbriefschreibern eigenartiger Postillen zu suchen.

Ich denke da hilft nur eines: Sich klar sein, dass das Evangelium nicht durch patzige Interviews eines nahezu krankhaft anmutend nach Öffentlichkeit gierenden klerikalen Emporkömmlings verkündet wird, sondern von jenen wirklich jahraus und jahrein sich an welcher Position auch immer stehenden (Religionslehrer/in, Pastoralassistent/inn/en, Ordenschwestern, Ordenbrüdern, Diakonen und Priestern und nicht zu vergessen jene oft unbedankten ehrenamtlichen Mitarbeiter in den Pfarren und Gemeinschaften), die treu und ohne großes Aufsehen, ohne auffallen zu müssen, wirklich die frohe Botschaft unermüdlich in die Welt hineintragen.

Im Übrigen: Jenen wird mit Ernennungen wie jene Gerhard Wagners wirklich mit einem nassen stinkenden Aufreibfetzen mitten ins Gesicht geschlagen.

Aber wissts was: Fetzen aus dem Gesicht nehmen, Gesicht waschen, und sauber und mit Energie weiter die Frohe Botschaft verkünden. Eines lehrt nämlich die jüngere Kirchengeschichte auch: dieses Kasperltheater hat nicht wirklich Bestand; und Leute wie der Letzernannte bringen wahrscheinlich so gut wie gar nix weiter, weil aus einer Haltung beständiger Negation letzlich nix werden kann.

Freitag, 6. Februar 2009

Die Fortsetzung ... Kirche und Hierarchie, 3. Teil

Ja, die Kirche viele Elemente ihrer dialogischen Strukur - nicht nur - aber ich denke beispielhaft in ihren Ritualen vor allem in der Sakramentenspendung bewahrt. Z.B. können Sakramente nur gültig gespendet werden, wenn der Wille (Intention) zur Spendung des Sakramentes vorhanden ist. Es bedarf im Regelfall auch eines disponierten und bereiten Empfängers (nicht jetzt im Sinne eines allein konstituierenden Elementes, aber sehr wohl eines im Grunde genommen von seiner Struktur Notwendigen).

In vielen Abläufen der einzelnen sakramentalen Riten befindet sich dieses grundsätzliche im Dialog geschehende Bestätigen - und sei es mit dem einfachen AMEN - So sei es - das der Gläubige nicht in erster Linie als Leerformel dahinsagt, nicht als geduldiges Annehmen vorgesetzer Inhalte, sondern vielmehr als kraftvolle Bekräftigung dessen, was vorher Inhalt war (sei es nun Gebet, ein Anruf oder auch ein Text aus der Schrift).

Weiters finden wir solche Elemente außerhalb der Liturgie im engeren Sinne im Institut der Konzilien und in den allermeisten Ordensregeln. Immer geht es darum, in einem Prozess gegenseitigen Dialoges letztlich die Wahrheit zu ent-decken (vorhanden Verborgenes aufzudecken).

Ich denke, dass der Begriff der dialogischen Struktur kirchlichen Entscheidungshandelns den Antagonismus zwischen einseitig monarchistischer Hierarchie (mit dem Missbrauch der selben zur Durchsetzung kirchenpolitischer Vorstellungen) und einer plebiszitären Demokratie (mit dem Missverständnis alles und jedes des Depositum Fidei nach Lust und Laune in Frage zu stellen) aufzuheben vermag.

Bald geht es weiter - dann werde ich meine Gedanken mal auf die jetzige Situation anwenden

Hierarchie in der Kirche - 2. Teil

Bei aller Wichtigkeit, dass Entscheidungen gerade in der Kirche so gestaltet sein müssen, dass sie wirklich von einer großen Mehrheit der Getauften getragen werden (und da reicht sicher nicht das sich Zurückziehen auf die sogenannten "schweigende Mehrheit" - ein Denkmodell, dass immer dann genutzt wird, um gerade das zu untermauern, von dem man überzeugt sind), so wichtig ist festzuhalten, dass gerade für die römisch katholische Kirche, die sich als ganze insgesamt sakramental sieht, Hierarchie insgesamt essentiell ist. Nicht etwa, um in ihrer irdischen Gestalt effizient agieren zu können (was sie eigentlich überhaupt nicht hinbringt - es gibt kaum eine Firma, in der Mitarbeiter so frei agieren können, wie in unserer Kirche - aber dazu ein andermal), nein, vielmehr um auch in ihrer Struktur zum Ausdruck zu bringen, dass sie, die Kirche, sich nicht selber verdankt, sondern letztlich ein Geschenk Gottes, der Leib Christi, wie Paulus es mehrfach in seinen Briefen anspricht, ist.

Alle Sakramente haben die Grundstruktur einer Gabe die vom Menschen empfangen wird, und das unverdient. Geben ist an sich schon ein hierarchischer Akt und hierarchische Akte an sich sind ja nichts schlechtes, vor allem wenn der Empfänger im Mittelpunkt steht.

In der Tat bin skeptisch gegenüber all zu flachen Forderungen nach "Demokratie in der Kirche", vor allem, wenn sie darin ausarten in einem unentwirrbaren Rätesystem alles und jedes zu zerreden. Ich erinnere mich nur an einen evangelischen Pfarrer, den ich einmal kennenlernte, der mir schilderte, wie nervaufreibend sein Presbyterium sei - alles und jedes werde eigentlich zerredet - stundenlange Debatten über Liedplan und Gebete fast jeden Gottesdienstes ...

Die Skepsis gegen diese Art Struktur ergiebt sich auch vom Grundgedanken der sakramentalen Verfasstheit - der Mensch kann sich die Gnade Gottes nicht selber schenken.

So gut; und wie soll dann Kirche funktionieren?

Ich denke die Lösung liegt weder in einer monarchistischen Hierarchie noch in einer plebiszitären Demokratie. Sondern viel mehr in einer Verfasstheit, die von einer dialogischen Struktur gekennzeichnet ist (ich vemeide hier das abgelutschte Wort Dialog)

In dieser dialogischen Struktur fließen beide Elemente in positiver Weise und theologisch wohl begründet ineinander. Und die Kirche hat in ihren Vollzügen diese dialogische Struktur ja bewahrt, wenn auch meist (aber nicht immer!) eher in ritueller Weise.

Fortsetzung folgt

Donnerstag, 5. Februar 2009

Hierarchie in der Kirche - 1. Teil

"Die Kirche muss demokratischer werden!" contra "Über Wahrheit kann man nicht abstimmen!" - ach, wie ich diese Platitüden liebe. Sie befreien den jeweilig sie Aussprechenden im Wesentlichen vom Weiterdenken. Der Erfolg bei den jeweiligen Anhängern ist einem sicher.

Ich denke vielmehr, dass beide Sätze in irgendeiner Weise richtig sind und eigentlich gerade in den ersten Jahrhunderten der Kirche auch vom Inhalt her so gehandhabt wurden (wenn auch sicher keiner der alten Kirchenväter wahrscheinlich mit dem heute so offensichtlich scheinbaren Antagonismus etwas anzufangen gewusst hätte).

"Über Wahrheit kann man nicht abstimmen"

Natürlich kann man über Wahrheit nicht abstimmen aber man kann auch nicht eine Wahrheit gegen das mehrheitlich anders denkende (Kirchen)Volk durchboxen.

Eine Wahrheit muss für mich einen großen Anteil an unmittelbarer Evidenz haben - was nicht heißen soll, dass nur wahr ist, was unmittelbar jedem einleuchtet. Aber letztlich sollte Wahrheit doch als solche von jedermann erkannt und zumindest ihrer inneren Logik nach akzeptiert werden können (vor allem ohne Rückgriff auf das heutzutage nicht mehr brauchbare Autoritätsargument - es wird nichts dadurch wahr, weil es durch eine wie auch immer legitimierte Autorität verkündet wird).

Darum denke ich, dass mit dem Begriff "Wahrheit" gerade kirchlicherseits sehr vorsichtig umgegangen werden muss. Man kann nicht für jede Aussage - auf welcher Ebene auch immer getätigt, ob im Vatikan, an Theologischen Fakultäten oder von mir aus in Bildungshäusern und Pfarrbüros oder auch Internetblogs *ggg* - den Begriff Wahrheit beanspruchen (um dann möglicherweise seine eigenen Steckenpferde zu reiten oder Privatmeinungen zu verkünden). Im Gegenteil: mangels der oben angeführten Evidenz und Akzeptanz kommt es bei wiederholtem Auftreten des eben angeführten Verhaltens zu einer immer mehr sich vergrößernden Diskrepanz zwischen natürlicher und formal zugewiesener Autorität.

Und gerade dieser Sachverhalt scheint mir letztlich unter anderen eine nicht unwesentliche Ursache der großen Verwerfungen zu sein, der sich die römisch katholische Kirche in den letzten beiden Jahrzehnten ausgesetzt sieht. Ich halte die sehr häufig in letzter Zeit anzutreffende Rechtfertigung diverser Maßnahmen unter Rückgriff auf das Argument der formalen Autorität als sehr deutliches Zeichen für den Verlust an natürlicher Autorität vieler kirchlicher Amtsträger.

Letztlich gilt für mich: Wahrheit ist Wahrheit auch ohne Etikett - und wenn etwas falsch ist, dann macht es das Etikett auch nicht wahr.

Kennt ihr die Geschichte von Hase und Igel

Ich glaube meiner Generation ist dieser absolut klassische Film der auf jeder Bezirksbildstelle war und scheinbar zum Pflichtprogramm der frühen multimedialen Erziehung gehörte, bekannt.

Und die Geschichte vom Wettlauf zwischen Hase und Igel fällt mir ein, wenn ich die Berichte über die Einsetzung Gerhard Wagners zu einem Auxiliarbischof von Linz lese. Warum wohl?

Na ja: Da wird von einem nicht unerheblichen Teil der Katholiken mehr Mitsprache bei Bischofsernennungen gefordert und beklagt, dass dies im Falle Gerhard Wagner nicht der Fall war. Und ich behaupte (ohne natürlich es jemals stichhaltig beweisen zu können), dass Gerhard Wagner nicht einmal von Bischöfen, sondern von LAIEN vorgeschlagen wurde. Nur halt nicht von jenen, die öffentlich dies einfordern, sondern von jenen, die öffentlich diese Forderung brüsk als nahezu ketzerisch und schismatisch verurteilen.

Im übrigen gibt es in der Kirchengeschichte den Begriff der Laieninvestitur und wenn ich mich recht erinnere, ist die von der Amtskirche eigentlich nicht sehr geschätzt - aber das ist wieder ein anderes Kapitel.

Wie ich darauf komme? Na einmal überlegen: Wie wird ein Landpfarrer (auch wenn er auf der Gregoriana seinen Doktor gemacht hat) der bekanntermaßen auf KEINEM offiziellen Vorschlag stand (und wenn nun der Kappellari behauptet, österreichische Bischöfe wären beim Prozess bezeiligt gewesen, mag das ja stimmen, nur hat halt keiner auf mögliche Einwände ihrerseits gehört) und der eigentlich nur in der einschlägigen Szene und deren Beobachtern bekannt war, auf einmal Weihbischof? Wenn ihn kein Bischof vorgeschlagen hat? Wer denn sonst? Er selbst? Oder vielleicht ein Spion?

Oder - er selbst?

Regelmäßige Rombesuche und elegantes Klinkenputzen könnten ja der eigenen kirchlichen Karriere förderlich sein (wenn einem schon nicht der Vorgängerbischof ermöglicht hat, in den hochheiligen Dikasterien vatikanischer Bürokratie zu reüssieren). Vielleicht könnte er bei der Bischofsweihe dann auf die Frage, ob er bereit sei, das Amt anzunehmen, mit dem Brustton tiefstem, schon lang währendem Wissens seiner Sendung sagen: " Ja - schon lange!!" - wäre zumindest einmal ein Ausdruck innerster Ehrlichkeit.

Demnächst hier weiterlesen: Da mache ich mir dann mal Gedanken über den Begriff Hierarchie in der Kirche - da haben nämlich die meisten eine ganz und gar falsche Vorstellung von.

Mittwoch, 4. Februar 2009

Wo der Papst irrt

... ja, kann man das so sagen - als Katholik, als Priester noch dazu - der Papst irrt?
Ja, man kann - ich tu es.

Er irrt, wenn er meint, mit ein paar Schachtelsätzen während einer Generalaudienz kann eine schwere Irritation, wie sie durch die Aufhebung der formellen Exkommunikation des widerrechtlich, aber nach römisch katholischem Verständnis gültig geweihten Bischofs der erzreaktionären Sekte "Piusbruderschaft" (landläufig auch "Levebrianer" genannt) geschehen ist, zur Seite gelegt und zur Tagesordnung übergegangen werden. Die Kirche ist nicht außerhalb der Welt und die Wirklichkeit dieser Welt ist nun einmal (und war sie eigentlich schon immer - nur hat es bis vor ein paar Jahrzehnten keiner so richtig verstanden) zu einem guten Teil eine Konstruktion der Menschen und interpersonaler Kommunikation. Das heißt, das jeder Teilnehmer an diesem Prozess, möchte er als solcher wahrgenommen werden, sich dern Regeln dieses Prozesses zu stellen hat.

Konkret nun auf die Geschichte mit der sogenannten "Wiederaufnahme" dieser besagten "Bischöfe" hätte der Papst viel stärker darauf achten müssen, was aus diesem, an sich meiner Meinung für die vier eigentlich belanglosen, Formalakt sich entwickelt (und das sich da etwas entwickelt war ja wirklich abzusehen). Mit mehr oder weniger abgehobenen Wortspenden lässt sich da nichts mehr machen. Klare Worte sind verlangt.

Konkret in diesem Falle: Formelle Erklärung, dass Antisemitismus und Holocaustleugnung schwerwiegende Gründe darstellen, Amtsträger der Kirche zu disziplinieren und außer Dienst zu stellen. Was natürlich im konkreten Fall Williamson sinnlos ist, weil der Typ sowieso von Haus aus suspendiert ist, aber zumindest kann damit sichergestellt werden, dass er niemals mehr ein Amt in der Kirche ausüben wird.Das wäre zumindest mal eine Möglichkeit.

Zum Thema Gerhard Wagner schreib ich später was - jetzt muss ich zur Post und zum Band-Office