Samstag, 3. April 2010

Die Missbrauchsdebatte - ein Lehrstück des Kampagnenjournalismus?

Ich bin natürlich kein Journalist - und mit meiner Schreibe würde ich es auch zu nichts bringen - aber irgendwann - war's in meiner Gymnasialzeit - habe ich mal gelernt, dass zu einem gut recherchierten Bericht folgendes gehört:
  • Was ist passiert?
  • Wer ist betroffen?
  • Wer hat etwas gemacht?
  • Wo ist es passiert?
  • - und last but not least in manchen Fällen (gerade wenn es sich um Serien - wovon auch immer - handelt): Wieviele Fälle liegen vor?
Jetzt mal ehrlich. Nach dem Aufdecken dessen, dass da etwas wiederholt geschehen ist, was nicht geschehen sollte, ist eigentlich nicht mehr all zu viel hinzugekommen. Das meiste ist letztendlich ziemlich wage. (Womit ich nicht die Tatsache des Geschehenen, aber wohl das unterstellte Ausmaß bezweifeln möchte). Es geistern irgendwelche Zahlen durch die Gegend, überall entspringen alle möglichen Interessensgruppen, jeder, der oder die sich nach einiger Zeit wieder in das Rampenlicht der Öffentlichkeit spielen möchte, gibt irgendwelchen Senf dazu - nach dem Motto: Keine Ahnung aber um so mehr Meinung. Jedenfalls scheinen sich eingige Medien darin zu ergehen - ja, worin denn - ach ja, ein und die selbe Suppe immer wieder aufzuwärmen, aufzugießen und das Gewäsch als Neuigkeit zu verkaufen. Möglicherweise gibt es einen Markt? Frage mich dabei eines: Hat der mit rotem Kopf und scheinheiliger Entrüstung, das alles sehr bunt sich vorstellende Leser, möglicherweise an der Sünde mehr Gefallen als der Täter?
Jedenfalls werde ich persönlich den Verdacht nicht los, dass dem Kurier und dem ORF die Missbrauchsgeschichten das Gleiche ist wie der Kronenzeitung die Asylanten - ein Gemisch von überschaubaren Fakten und um so größeren Resentiments als Tatsachen dem werten Medienkonsumenten dargelegt, der ja auch als spezifischer Kunde in seinen Bedürfnissen befriedigt werden möchte.
Es ist mir schon klar, dass Medienwirtschaft auch ein Markt ist und dass in der heutigen Zeit es gilt, zu überleben. Und es überlebt nur, wer letztlich das produziert, was der Kunde konsumieren möchte. Nur frage ich mich, wem das nun dienen soll? Der Wahrheit, der rechtsstaatlichen und demokratischen Kultur.
Ein weiteres:
Irgendwie bin ich so erzogen worden, dass ich gelernt habe, immer zu fragen, welche Intention hat jemand, wenn er/sie etwas sagt oder tut. Dabei bin ich durchaus auch kritisch mir gegegenüber aber auch anderen. Und vor allem habe ich mir ein "ja - aber" angewöhnt. Ist damit nicht immer leicht mir zu folgen, bewahrt mich aber meist davor, ungerechtfertigt und dummschwätzerisch irgendein Halbwissen als die letzte Weisheit zu verkaufen.
Und nun - eigentlich wie immer bei mir - zur Überschrift:
Ich denke tatsächlich, dass in erheblichem Maße kampagnisiert wird - und die perfideste Art, Kampagnen zu führen ist, wie schon oben angesprochen, immer wieder eine Melange an Fakten, Halbwissen und Ressentiments unter der Vorspiegelung einer unterstellten Objektivität auf den Markt zu werfen. Dabei werden semantische Fallen von Seiten der Journalisten aufgebaut, die sie weitestgehend jeder Kritik entziehen (nach dem Motto: Wer kritisiert ist selbst schon verdächtig) - und irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass es diese Methoden schon zigmal gegeben hat ... Scheinbar erliegt die kommerziell schreibende Zunft immer wieder der Versuchung Wahrheit zu setzen, Wirklichkeit zu konstruieren als einfach nur über den Diskurs zu berichten.

Keine Kommentare: