Samstag, 21. März 2009

WARNUNG - Jetzt wird's kompliziert!!!!

Diesmal schreib ich mal etwas über den Papst in Afrika; ich schreibe aber auch etwas über die Kultur unserer Medienwelt; und letztlich schreibe ich auch etwas über die Wirklichkeit - und jetzt hoffe ich, dass ich das, was mir durch den Kopf geht, auch einigermaßen geordnet und verstehbar hier niederschreiben kann (wollte schon schreiben: zu Papier bringen kann - aber es ist halt kein Papier)

Also, wo fange ich an? Ja, bei jenen Papstaussagen, die in den Medien der letzten Tage skandalisiert wurden. Beide betrafen Nebensätze in einem viel größeren und vor allem viel wichtigeren Zusammenhang (wie es überhaupt Mode geworden zu sein scheint, sich auf Nebensätze des Papstes sich zu stürzen). Nehmen wir mal die Sache mit den Kondomen her:
Hier einmal der wörtliche Mitschnitt - und hier der entsprechende Ausschnitt im Detail:
Benedikt XVI.: Ich möchte das Gegenteil behaupten: Ich glaube, dass die wirksamste und im Kampf gegen AIDS präsenteste Organisation eben diese katholische Kirche mit ihren Bewegungen und unterschiedlichen Strukturen ist. Ich denke an die Gemeinschaft Sant'Egidio, die im Kampf gegen AIDS so viel im Sichtbaren und im Verborgenen tut, ich denke an die Kamillianer und all die Ordensschwestern, die den Kranken dienen (...) Ich würde sagen, das Problem AIDS kann man nicht bloß mit Werbeslogans überwinden. Wenn die Seele fehlt, wenn die Afrikaner sich nicht selbst helfen, kann diese Geißel nicht mit der Verteilung von Kondomen beseitigt werden: Im Gegenteil, es besteht das Risiko, das Problem zu vergrößern.
Die Lösung kann nur mit einem doppelten Engagement gefunden werden: Das erste ist eine Humanisierung der Sexualität, das heißt eine geistige und menschliche Erneuerung, die eine neue Art des Umgangs miteinander bringt. Und das zweite eine wahre Freundschaft auch und vor allem mit den Leidenden, die Bereitschaft, bei ihnen zu sein, auch mit Opfern und persönlichem Verzicht. Dies sind die Faktoren, die helfen und die auch zu sichtbaren Fortschritten führen. Deshalb möchte ich sagen, es geht um diese unsere doppelte Anstrengung, den Menschen innerlich zu erneuern, ihm geistige und menschliche Kraft für ein Verhalten zu geben, das dem eigenen Körper und dem des anderen gerecht wird, um diese Fähigkeit, mit den Leidenden zu leiden, da zu bleiben in den Prüfungen des Lebens. Mir scheint, dass dies die rechte Antwort ist und dass die Kirche dies tut und damit einen sehr großen und wichtigen Beitrag leistet. Danken wir all jenen, die das tun. (ende)
Also einmal ganz ehrlich: Muss der Papst als Vertreter der Kondomindustrie auftreten? Und dass mit der Verteilung von Kondomen das Problem nicht beseitigt wird - also dazu muss ich nicht mal katholisch sein, um das zu verstehen. Natürlich wird das Ansteckungsrisiko erheblich verringert, aber nicht restlos ausgeschalten - und ich denke mir schon, dass man mal überlegen sollte, dass Sexualität nicht einfach nur eine spasshafte Dimension hat, sondern vielleicht doch ein zutiefst personales Beziehungsgeschehen zwischen Menschen ausdrückt. Und ich denke, dass die Repräsentationsfigur der Katholiken (in der Außenwahrnehmung sogar der Christen - auch wenn es anderen Kirchen nicht gefallen mag) in Gestalt des Papstes einmal den tieferen ethisch-moralischen Aspekt ganz zentral verkündet, ist eigentlich irgendwie verständlich. Übrigens: dieser Artikel kommt mir auch relativ schlüssig vor.

Nehmen wir uns die zweite skandalisierte Aussage her: Hier einmal die Presseerklärung und der besagte Text noch einmal hier hereinkopiert:
Wörtlich sagte Benedikt XVI.: "Wie bitter ist die Ironie derjenigen, die Abtreibungen zum Mittel der Pflege der Gesundheit der 'Mütter' erheben wollen. Wie befremdlich ist die These, wonach die Unterdrückung des Lebens eine Frage von reproduktiver Gesundheit sei"
Hier wird Bezug genommen auf ein UNO-Dokument ("Maputo-Protokoll"), das Abtreibungen abhandelt als würde das Dokument das Recht auf zahnärztliche Behandlung bei Karies fordern. Dass hier eigentlich nicht nur die Kirche(n) aufjaulen müssten, steht für mich außer Diskussion. Wie schon an anderer Stelle in diesem Blog abgehandelt, wird immer mehr vom Fokus auf Straffreistellung (auf Grund welcher Ursachen auch immer) ein Recht gemacht (ohne dabei das Recht des werdenden Lebens ins Auge zu fassen) - wie gesagt: Der Papst hat grundsätzlich auf diesen Umstand hinzuweisen - das ist seine Pflicht (und über fatale Nebenumstände, die möglicherweise eine Abtreibung verstehbar machen, kann man dann ja noch immer diskutieren, aber dabei handelt es sich um Einzelfälle - für die möglicherweise der altkirchliche Begriff der Epikie anzuwenden wäre) und eigentlich hat er das auch getan.

Wo nun der Skandal in beiden Fällen besteht????

Nirgends - Sturm im Wasserglas - inszeniert von Journalisten, die schlicht zu dumm sind, sorgsam auf das zu achten, was gesagt wird - und erweitertes kontextuelles Verstehen ist sowieso nicht deren Sache. Wären sie nämlich nicht zu dumm und hätten in Wirklichkeit verstanden, was der Papst gesagt hat und dann trotzdem das alles so niedergeschrieben, wie es jetzt vorliegt, dann wären allesamt sicher bald befähigt als Journalisten in Nordkorea zu arbeiten (und ihr journalistisches Handwerkszeug hätten sie bei der ehemaligen sowjetischen Prawda und beim nazideutschen Völkischen Beobachter gelernt) - aber wie gesagt; ich möchte ja keinem der Journalistens Bosheit zuschreiben - also bleiben wir schlicht bei dumm.

Womit ich beim Thema Medien und durch Medien gemachte Wirklichkeit bin. Es scheinen heute jene Meinungsbildner im Vorteil zu sein, deren Formulierungen sich leichter in möglichst kurzen Schlagzeilen fassen lässt. Vereinfacher jeder Coleur und Weltanschauung, aus Interessensvertretungen und Parteien schmeicheln sich mit kurz gefassten Slogans in das Bewusstsein breiter Bevölkerungsschichten ein. Diskurs geschieht nicht mehr im sich inhaltlichen Auseinandersetzen mit den jeweiligen Positionen sondern nur noch im Abtauschen gegenseitiger Schlagworte bzw. Schlagzeilen. So denke ich wird eine Wirklichkeit produziert, die an der Realität sehr vieler Menschen vorbei geht. Und ich habe die Befürchtung, dass sich das gerade in Zeiten wie diese verschärfen wird. Worüber nicht berichtet wird, das existiert nicht - und wird aus allen Bereichen des gesellschaftlichen Diskurses ausgeblendet und letztlich marginalisiert.

Man soll ja nicht immer herumlamentieren, dass früher alles besser war, aber heute vermisse ich schon in erheblichem Maße eine gut begründete Skepsis gerade bei jungen Leuten. Ich wurde noch groß mit dem Gedanken, dass alles, was zu einfach zu verstehen ist, manipuliert ist. Ob das heute noch so ist??? Glaube eher nicht, weil sonst könnten nicht jene, deren ideologische Grundhaltung schon seit 64 Jahren auf dem Misthaufen der Geschichte verrotten sollte, gerade bei den Jungwählern so viel Anklang finden. Aber wie gesagt - herumlamentieren nützt gar nichts (nach dem Motto, dass aus beständiger Negation ja nichts positives erwachsen kann), viel mehr sollte in allen Bereichen der Gesellschaft versucht werden, eine wertschätzende Kultur des Dialoges und Diskurses zu etablieren - und da sollten wir gerade als Christinnen und Christen vorangehen (nein, jetzt keine weiteren Debatten über das ... - ich habe sowieso den Konjunktiv des Modalverbums "sollen" verwendet).

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